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Learning Experience Plattform

Was ist das und was soll es bewirken?

Eine Learning Experience Platfrom (LXP) fokusiert die Bedürfnisse der Lernenden, während ein klassisches Lernmanagementsystem (LMS) aus Sicht der Lernadministration und -steuerung entwickelt wurde.

Bei einem LMS ist der Kurs das zentrale Element, bei einem LXP dagegen das Finden von relevanten Lerninhalten und Kompetenztragenden (Discovery).
LMS = Kurs-Push-System; LXP = Content-Pull-System;

Ein LXP, welches sich oft etwas wie YouTube oder Netflix anfühlt, ist ein echtes Content-Delivery-System, mit dem die Lernenden für sie anschlussfähige Lerninhalte leichter finden und nutzen können.

Quelle: LSDtoolbox

In den folgenden beiden Videos könnt ihr noch etwas tiefer in die Materie eintauchen:

Dieser Beitrag wurde initial für den Learning Transformation Blog des Learning Development Instituts hier veröffentlicht.

Was ist ein Learning Ecosystem

In Übertragung des Ökosystemansatzes auf die Gestaltung des Lernens in Organisationen, sind Lernökosysteme hoch adaptive sozio-technische Systeme. Sie bestehen aus dem dynamischen Zusammenspiel interner und externer Partner, Communities von Lernenden, Technologien, Daten, Formaten, Services, Räumen und Inhalten.
Diese Elemente prägen durch ihre Interaktion das Lernen in der Organisation, stehen in wechselseitigen Austausch mit ihrem internen und externen Umfeld (organisationale Strukturen, Prozesse, Führung, Kultur, gesellschaftliche und politische Entwicklungen etc.), formieren sich ständig neu und entwickeln sich somit eigendynamisch weiter.
Es existiert eine gemeinsame Vision, Value Proposition (Wert-Angebot) und Governance, die die gemeinsame Ausrichtung und nachhaltige Entwicklung fördern.

Mehr dazu erfahrt ihr im Buch „New Work braucht New Learning“ oder durch die folgende Webinaraufzeichnung des eLearning Journals 2020.

Mehr Definitionen und Methoden findet ihr auch in der LSDtoolbox des LDframe.com.

https://learningdevelopment.institute/home/elearning-journal-webinar-learning-ecosystems/

Die Fokusfelder des New Learning

In our book „New Work braucht New Learning“, you will find the scientifically well-founded focus areas of New Learning.

You can also find a comprehensive update (2022 – Q1) of the New Learning focus areas on the blog of Stefan Scheller aka the PersoBlogger.

Natural Learning – Wie lernen eigentlich Startups?

Natural Learning („natürliches Lernen“) – Der Garant für ein „nachhaltigeres Lernen“!?

Verfasst wurde der Artikel 2017 von Jan Foelsing. 2023 wurde der Artikel, ohne Hilfe von ChatGPT und Co., minimal upgedatet.

Wie funktioniert Lernen eigentlich, wenn wir es nicht als solches „labeln“, sowie planen und steuern wollen?

Wie lernen wir eigentlich in Systemen, in denen die Lernpfade und die Soll-Kompetenzen nicht von anderen vorgegeben werden, ist für mich eine interessante Frage, die mich in letzter Zeit öfter beschäftigt hat. Gibt es auch Situationen in unserem Leben, in denen wir uns neue Fähigkeiten oder Wissen aneignen, ohne, dass die Ziele dabei komplett fremdgesteuert und vorgegeben sind. Lernen, welches wir nicht als im Bildungssystem erlerntes, „klassisches Lernen“ wahrnehmen? Lernen, wie wir es z.B. im Privaten-, aber auch Startup-Bereich leben, ohne es explizit als solches zu kennzeichnen. Nicht wie es uns in einer (Hoch)Schule oder auch noch in vielen klassischen Trainingssettings oder gar Qualifizierungsmaßnahmen /-programmen, vorgelebt wird.
Ich möchte diese Art des „freien“, „ungelabelten“ Lernens im forthinein als „natürliches Lernen“ / Natural Learning bezeichnen.
In meiner beruflichen Zeit durfte ich bereits in vielen Arten von Systemen tätig sein. Von multinationalen Konzernen, über Mittelständler, hin zu kleinen Unternehmen und NGOs, sowie dem staatlichen Bildungssektor. In den letzten Jahren auch im Startup-Bereich. Zuerst als Freiberufler in einem Startup Incubator, zwischenzeitlich mit einem eigenen Startup und nun mit der Unterstützung von Startups im EdTech Bereich.
Die (Lern-)Kultur, in der ich mich bis jetzt am wohlsten gefühlt habe, ist dabei ganz klar die des Startup-Sektors. Besonders Hochschulen, aber auch Konzerne erscheinen mir zu starr und unflexibel. Es geht in diesen Systemen, gefühlt, zumeist nur darum, Vorgaben und Prozesse zu befolgen, um möglichst nicht „negativ“ aufzufallen. Damit wird sehr viel Energie aufgewandt, die internen Richtlinien am „Laufen“ zu halten. Aber eine positive Entwicklung, also marktfähige Innovationen bzw. -Geschäftsmodelle, in deren Kontext auch ganz viel Lernen vonstattengeht, passiert besonders in den Bereichen, wo es „unbequemer“, undefinierter, chaotischer und offener zugeht. Wo nicht alles geplant, strukturiert und vorgegeben ist. Wo noch genug Restenergie übrig ist, um sich überhaupt den Raum nehmen zu können, kreativ-schöpferische Lösungen zu entwickeln. In der Thermodynamik nennt man dies den Grad der Entropie. Je höher diese in einem System ist, desto weniger Energie ist ungebunden im System vorhanden. Das System wird zuerst stabiler, was ja per se nicht falsch, sogar oftmals gut ist. Bei „zu viel Entropie“ wird das System, wie beispielsweise ein Unternehmen, aber zunehmend starrer. Dabei bleibt die Lern- und Veränderungsfähigkeit und somit die Innovationskraft auf der Strecke. Dies bedeutet, dass wir den Rahmen für Lernprozesse neu stecken sollten, um neue Energie für neue Ideen schaffen zu können.

Im Folgenden möchte ich erläutern, wie ich „natürliche Lernprozesse“ bei mir selbst und im Startup-Bereich wahrgenommen habe.

Startups befinden sich z.B. häufig in Coworking Spaces und anderen, oft auch digitalen Netzwerken, um sich mit Gleichgesinnten besser vernetzen zu können. Vernetzung spielt bei Startups ohnehin eine äußerst wichtige Rolle. Dabei verschwimmen die Unternehmensgrenzen zunehmend, da man sich gegenseitig viel stärker unterstützt. Man könnte dies vielleicht auch als die Vorstufe bzw. den Startpunkt zu „fluiden Organisationen“ bezeichnen? Lernen passiert dabei ganz „natürlich“ im täglichen Doing. Man befindet sich z.B. in einer Situation, in der ein anderes Startup schon einmal war und kann so lernen, was bei dem anderen Startup funktioniert hat und was nicht. Der Eine hilft dem Anderen z.B. bei Online Kampagnen, dafür hilft der Andere dann z.B. bei der Homepage. Moderne Arbeitswelten (NewWork) kennen im Bereich von Startups oftmals schon keine Unternehmensgrenzen mehr. Es geht vielmehr um Kompetenzen und zwar bei Menschen, die sich erst einmal gegen einen sicheren Gehaltsscheck entschieden haben, um etwas tun zu können, worauf sie wirklich LUST haben. Was hat dies jetzt mit „natürlichem Lernen“ zu tun? Ich beschreibe hier bereits etwas die Rahmenbedingungen, die herrschen, wenn Menschen freiwillig, viel und intensiv lernen, ohne dies als geplante Vorgabe oder Muss zu verstehen. Im Startup-Bereich herrscht vom Start weg eine enorm hohe, intrinsische Lernmotivation, die zudem noch an Emotionen gekoppelt ist. Ein wahrer BOOST für nachhaltiges Lernen und Kreativität, zumindest wenn man der Hirnforschung nach z.B. Prof. Dr. Gerald Hüther Glauben schenken mag. Finanziell bedeutet diese Situation oftmals eine große Unsicherheit und trotzdem tun Startups es (Intrinsische Motivation).

Lernen im Corporate – vs. Startup-Bereich:

„Herr Müller, Sie müssten diese Woche noch unbedingt die Facebook Kampagne für unser bald live gehendes, neues Produkt starten.“
„Oh, ich habe aber leider noch keinen Plan von Facebook-Ads, da wir diesen Kanal noch nie zuvor genutzt haben. Warten Sie kurz, ich gehe lieber in 3 Wochen zuerst auf ein Online Marketing Seminar für 2.000€, danach mache ich unsere neue Online-Kampagne. Sonst kann ich das ja gar nicht. Sie müssen das aber zuerst noch mit meinem Chef klären, der das Budget beim Bereichsleiter prüfen muss. Ich hoffe nur, das können Sie noch im nächsten Quartalsmeeting nächste Woche besprechen, sonst verzögert sich das Ganze noch etwas. Vorher kann ich da leider nichts machen.“
Eine vielleicht nicht völlig untypische Szene, aus dem Lernalltag eines größeren Unternehmens. In dem Training sitzt man dann, hört viel zu und wenn es gut läuft, macht man auch 2-3 praktische, aber dennoch fiktive, Beispielaufgaben. Zumeist kommt die Person anschließend aus dem Training zurück, und hat erst einmal 3-4 dringliche Themen zu erledigen, die in der Zeit der Abwesenheit liegengeblieben sind, bevor es an die tatsächlich praktische Anwendung des Erlernten geht. Bis dahin ist das erworbene Wissen, bereits wieder größtenteils vergessen worden. Und man merkt zudem, was eigentlich hätte noch Thema in dem Training sein sollen, um die anstehende Aufgabe bestmöglich erfüllen zu können…
Im Startup-Bereich hingegen laufen diese Lernprozesse ganz anders ab.
Es tritt ein Fall auf, für welchen noch nicht genügend Fähigkeiten im Startup-Team vorhanden sind. Zuerst wird einmal Google oder immer öfter auch direkt YouTube befragt (Micro Learning). Über die dort gefundenen Quellen kann man oftmals bereits das notwendige Wissen sammeln. Falls nicht, wird das unmittelbare Umfeld, z.B. im CoWorking-Space, zurate gezogen, oder im digitalen Netzwerk nachgefragt (VernetzungsdichteKonnektivismus).
Der Suchende erhält dann entweder live vor Ort als eine Art ad-hoc Training / Peer Support am echten „Problem“ Hilfe, oder aus dem erweiterten Netzwerk z.B. via Teams oder Google Hangouts. Learning by Doing in Paradeform im REALEN Problemkontext, welcher an ein aktives / akutes Bedürfnis, also eine Emotion gebunden ist (Kognitivismus). Man könnte es auch als Peer- bzw. Social Learning gepaart mit einem Schuss ad-hoc Peer-Coaching bezeichnen.
So entstehen in Coworking-Spaces unter Startups oder Kleinfirmen nebenbei oftmals firmenübergreifende Communities of Practice – und das ohne Prozesse und großen Aufwand, die Menschen zum Lernen und Austausch „zu bewegen“, also mittels vieler „Interventions- und Motivationsmaßnahmen“… Verrückte Welt! 😀
Falls das Netzwerk einmal nicht helfen kann, werden oftmals online Kurse auf z.B. auf Udemy, Coursera, edX oder Udacity genutzt. Diese sind immer direkt zugänglich und die Kosten liegen meist zwischen 0-50€. Josh Bersin beschreibt dies in seinem wirklich tollen Artikel über „The Disruption of Digital Learning“ als Learning auf der Micro-Ebene. Also im „moment of need“, welches auch unter Performance Support bekannt ist.
Zudem werden im Startup-Bereich für Wissenslücken und den stetigen Blick über den Tellerrand oftmals die im Startup-Kosmos häufigen Netzwerktreffen genutzt. Diese finden zumeist abends im zeitlichen Umfang von max. 2-3 Stunden statt, in dem es Impulsvorträge und kleine Wissenshappen oftmals frei Haus, oder für max. 20-70€ den Abend gibt (Micro Trainings). Man hilft sich über die Unternehmensgrenzen hinaus im Netzwerk, was sich auf diesen Veranstaltungen zumeist auch noch stetig vergrößert. Im Nachgang dann auch gerne weiterhin mittels digitaler Tools wie Slack, Facebook oder LinkdeIn, aber auch immer öfter über Tools wie z.B. Asana und Stackfield.
Bei “natürlichen Lernprozessen“ kommt es somit oftmals ganz ungesteuert und unorganisiert zu einem Mix zwischen autodidaktischen Lernphasen gepaart mit ad-hoc Trainings und -Coachings (Blended Learning) und dies in Präsenz sowie digital.
„Agiler“ und „nachhaltiger“ geht es zurzeit aus meiner Sicht nicht.

Wie wird sich sonst noch Wissen im Startup-Bereich angeeignet?

Neue, interessante Artikel, die zumeist in Newsfeed-Readern wie Feedly oder als gelikte Seiten über LinkdeIn und Facebook abonniert wurden, werden über z.B. WhatsApp, Slack, Twitter, Confluence, Podcasts, eigene oder Netzwerk-Blogs sowie Pinterest getauscht, angereichert, diskutiert (Behaviorismus, Knowledge Sharing, Konnektivismus).
Dabei entstehen ganz beiläufig Knowledge Communities, in denen Lernen ganz natürlich, selbst initiiert und -gesteuert „passiert“. Oft werden diese Inhalte über das mobile Endgerät „konsumiert“ (Mobile Learning).
Die für einen persönlich interessanten Artikel werden dann in einem Personal Learning Environment / Personal Storage Space wie z.B. Raindrop, Notion, Obsidian, Evernote oder OneNote in den persönlichen Fundus aufgenommen. Nicht selten entwickeln sich in diesem Prozess neue Ideen, die analog oder digital niedergeschrieben werden, oder direkt im nächsten Online Meeting mit den Kollegen besprochen, oder über Slack bereits vorab geteilt, um die Meinung der Anderen einzuholen.
Auch wenn bei Startups sehr stark versucht wird, sich in Teilbereichen fundierte Fähigkeiten anzueignen, um die Kompetenzausprägungen im Team möglichst ergänzend zu gestalten, bleibt der Blick doch umfassender, da man oftmals (auch aufgrund des stetigen Ressourcenmangels) gezwungen ist, sich in mehreren Bereichen fit zu machen.
Dabei entstehen große Möglichkeitsräume für intrinsisch getriggertes Lernen, ohne dass dies so bezeichnet wird. Es passiert einfach ganz natürlich, wie dies auch der Fall ist, wenn man z.B. im Privaten ein Gartenhäuschen bauen will, dies aber noch nie getan hat. Der Prozess ist hierbei sehr ähnlich zu dem hier Beschriebenen.
In den meisten anderen Bereichen haben wir oftmals noch das typische Bild im Kopf von, „hier wird gelernt und dort wird gearbeitet“. Damit gilt es aus meiner Sicht endlich aufzuhören. Dass man im Schnitt 24 Stunden nach einem Training bereits wieder 70% vergessen hat, ist bereits seit 1885(!!) bekannt und trotzdem fließt immer noch ein Großteil des Budgets in genau diese Maßnahmen. Siehe z.B. hier: https://www.neuronation.de/gedaechtnistraining/vergessenskurve
Eine Meta-Studie (2017) zur Effektivität von Corporate Trainings bestätigt dies aufs Neue, wie Jane Heart hier aufzeigt:
Wie bei so vielem in unserer sich rapide entwickelnden Gesellschaft, nehmen Startup- und oftmals auch IT-Abteilungs-Subkulturen (siehe z.B. SCRUM und der Einsatz digitaler Helfer) eine große Vorreiterrolle darin ein, wo sich die Themen Zusammenarbeiten/Arbeiten und Lernen hin entwickeln und wie diese immer mehr verschwimmen und verschmelzen.
Im Startup-Bereich lässt sich sehr schön sehen, wie die integrierte Lern- / Arbeitswelt der Zukunft aussehen kann.
Anmerkung: Dazu kommt noch die im Startup-Bereich sogar teilweise angepriesene „Fehlerkultur“ oder besser „Fehler sind ok, wenn man daraus lernt-Kultur“. Siehe z.B. das Format „Fuckup Nights“ (Erfahrungsaustausch über Projekte, die schiefliefen), welches durch Vernetzung und Austausch in besonders emotional geladenen Kontexten die Lernkurve positiv beeinflusst. Ein perfekter Nährboden für nachhaltigere Lernprozesse.
Ziel im Corporate, aber auch Schul- sowie Hochschulbereich sollte es somit sein, die Rahmenbedingungen bzw. das Framework, in dem Lernen ganz natürlich passiert und wobei oftmals (ganz nebenbei noch) neue Ideen entstehen, neu zu definieren. Und dies auf analoger (z.B. durch interdisziplinäre Teamräume / CoWorking-Spaces / Peer Learning Konzepte), aber auch digitaler Ebene durch Tools wie z.B. Stackfield, Teams, Slack, Asana, Trello oder auch SAP Jam.
Dabei gilt es mehr denn je, die in den letzten 20 Jahren gebildeten Strukturen und Prozesse zu hinterfragen und zu überlegen, wie sich diese minimieren lassen, um Raum für selbst initiierte Lern- und Entwicklungsprozesse zu schaffen. Alle anderen Jobs, die keine kreativ-wertschöpfenden Tätigkeiten beinhalten, für welche stetiges Lernen ein MUSS ist, werden im nächsten Jahrzehnt im Rahmen der digitalen Transformation ohnehin automatisiert…
Der Artikel beinhaltet zwar keine fertige Lösung, aber bereits einige Ansatzpunkte, über die es sich lohnen würde weiter nachzudenken und diese auszuprobieren. Packen wir es an! 🙂

Weiterführende Links:

Anmerkung: Bereits aus dem Jahr 2012 und immer noch wegweisend… P.S.: Kreativität = Problemlösungskompetenz = Lernfähigkeit
Anmerkung: Ein Blick über den Tellerrand zu Kreativität, Spielen und Lernen
Wie könnte die Arbeitswelt der Zukunft ausschauen (2017): http://t3n.de/news/t3n-podcast-zukunft-der-arbeitswelt-797635/
Anmerkung: Coworking olé olé
Dieser Artikel ist zuerst hier erschienen.

Hilft es zu fragen, wie Lerner lernen wollen? Und – Die neuen Lerner sind auch super Verlerner

Dieser Artikel ist zuerst erschienen unter: Elevation Labs – Impulse

Und entstand im Rahmen des Corporate Learning 2025 MOOCs im Jahr 2017.

Quelle: http://disq.us/p/1jxj6t0

Ich möchte heute einmal eine vielleicht etwas freche Frage stellen bzw. einen überspitzten, kritischen Impuls liefern.

Wenn man einen Blinden fragt, ob er Bild A oder Bild B schöner findet, damit man danach weiß, welches Bild man öfter drucken lassen soll, kann bzw. sollte man dann mit der Aussage des Blinden etwas anfangen?

Nichts gegen Design Thinking und Personas. Tolle Methoden oder besser Mindsets, die diesen zugrunde liegen und die ich wirklich gerne verwende. Nur bin ich mir nicht sicher, ob diese im Kontext der Befragung von „Lernern“ in Organisationen hilfreich sind, um seine Personalentwicklungs-Aktionen danach auszurichten. Hätte man einen Kutscher früher gefragt, was er gerne verbessern würde, dann wäre das wahrscheinlich etwas gewesen wie, „die Pferde sollten weniger schlafen“, oder „wir benötigen eine Vorrichtung, um noch mehr Pferde einspannen zu können, um größere Kutschen zu ziehen“, oder „ich bräuchte eine bequemere Sitzbank“…

Hypothese: Ich bezweifle oder stelle zur Diskussion, dass wenn man Menschen in Organisationen fragt, ob sie sich ihr Lernen selbst gestalten wollen, diese aber ihr Leben lang gelernt haben (ACHTUNG Übertreibung und Ausnahmen bestätigen die Regel), dass „Lernen“ eine passive und langweilige Sache ist, die sie serviert bekommen und sich dabei zurücklehnen können, ob diese dann auf einmal lieber selbstgesteuert lernen möchten.

Das wäre für mich so, als würde ich gerne nach Rom reißen. Es gibt 2 Wege. Der eine ist über die Autobahn im Bus und der andere ist über teilweise unbefestigte, für einen selbst schwer ersichtliche Wege zu Fuß. Was würde ich da wohl antworten… (Naja, ich persönlich würde, wenn ich den Raum (Zeit + Geld) dafür hätte, auch gerne mal laufen. Aber meistens doch eher mit dem Bus fahren).
Zudem arbeiten diese Menschen zumeist noch in Umfeldern, in denen Zertifikate, also Papier-Status-Symbole, „guck mal, ich bin wichtig, ich wurde von meiner Firma auf Schulung X geschickt und bin jetzt chief master xy“, noch eine hohe Bedeutung haben. In diesen Organisationen gibt es auch noch die klassischen Silos und zwar nicht nur zwischen den Fachabteilungen, sondern auch zwischen Arbeiten und Lernen. Zudem kommt noch hinzu, dass „echtes“ Lernen auch etwas mit Raum zu tun hat, in dem man Fehler machen darf. Mal Hand aufs Herz, das ist in unserem Kulturkreis doch noch oft eher ein no go, welches wir die letzten Jahrzehnte so vorgelebt bekommen und verinnerlicht haben. Also zumindest bei mir selbst kann ich dies so bestätigen. Außerdem mögen die Menschen Präsenztrainings, da man dabei mal aus dem Alltag heraus kommt und neue Leute kennenlernt. Was für mich alleine schon ein Präsenztraining sinnvoll erscheinen lässt, wenn man an das Thema Komplexität und Vernetzungsdichte denkt, aber das mit einem anderen Fokus.
Ich finde die ganzen Diskussionen hier (Corporate Learning MOOC) wirklich toll und sehr bereichernd, auch wenn ich leider nur einen Bruchteil davon mitbekomme.

Aber ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir oft über Maßnahmen und Methoden sprechen, wie das beim Lean Management Boom auch so war und trauen uns nicht, an das echte Thema heran. Kultur – Unternehmenskultur, Führungskultur, Lernkultur,… Beim Lean Boom wurden alle Methoden eingeführt, ohne das Essenzielle, die Kultur dahinter (siehe Kata-Coaching), anzugehen. Oft war das Ergebnis dann nicht so wie erhofft und viele fragen sich immer noch warum… Kulturmuster, die sich in Leitblanken / dem Rahmen entwickeln, das ist für mich das eigentliche Thema. Solange wir nicht hier ansetzen, habe ich das Gefühl, dass wir zwar mit viel Leidenschaft, Energie und tollen Ideen am Werk sind, aber dies nicht zur gewünschten Vision führen wird. Wir reden auch hier viel über Lernen als „abgetrennte Einheit“ auch wenn angrenzend immer wieder andere Themen wie Führung mit eingebracht werden. Aber der Schuh wird in Zukunft überall drücken. Eine Transformation steht uns ins Haus, die eine ganzheitliche, integrale Sicht bedarf.
Es ist natürlich verständlich, dass wir, die auch Teil des momentan noch vorherrschenden Systems sind, lieber darüber sprechen, wie wir die Menschen durch geschickte Interventionen zu „Super-Lernern“ machen können. Ich glaube aber, dass das nicht geht. Oder zumindest nicht mit den „direkteren“ Interventionen, über die wir gerne reden, da sie greifbarer sind, und wir danach evtl. leichter etwas bei der Einzelperson messen können. Der gefühlte Rechtfertigungsdruck von HR ist, glaube ich, auch noch zu hoch… Ich finde, wir sollten weiter unten, tiefer ansetzen und uns viel stärker über indirekte Interventionsversuche unterhalten. Kultur ist ja auch eine indirekte Variable. So „leicht“ ich das hier schreiben kann, so diametral schwer / komplex ist dies in der Realität. Denn solche Veränderungen brauchen Zeit und können nicht mit den oftmals geforderten Quartalszahlen gemessen werden. Und wenn man wirklich anfängt, mehr den Rahmen zu betrachten, als zu versuchen einzelne Individuen zu „erleuchten“, dass sie ab jetzt doch total toll selbstmotiviert lernen „dürfen“, dann machen wir ein großes Fass auf, was sich glaube ich niemand traut. Dann geht es an alles, was HR die letzten Jahren aufgebaut hat. 360 Grad Feedback-/Kompetenzmodelle, Vergütungs- und Arbeitszeitmodelle, Talent Management Prozesse mit vordefinierten Karrierepfaden, Hierarchien, Lernplattformen / Lernsilos,…
Ich nehme mir hier einfach mal heraus, dies alles in Frage zu stellen, da ich dies alles selbst noch bis vor ca. 2-3 Jahren für super toll gehalten habe. Professionelles Managen der Entwicklung von Mensch und Organisation. Ich komme aus der IT und hatte dadurch immer das Gefühl, dass wenn man Prozesse und Strukturen bildet, dass dies die beste Option ist für eine kontinuierlich positive, zielgerichtete Entwicklung. Mittlerweile glaube ich nicht mehr daran, dass dies funktioniert. Im Gegenteil. Wir erzeugen dadurch eine immer größer werdende Entropie. Immer mehr Prozesse und Systeme helfen in unserem Kontext nicht mehr dabei, ein Unternehmen steuerbar zu halten. Sie lähmen es immer mehr. In diesen Denkmustern heißt es noch: das war es mit der Eigenverantwortung, Engagement und kreativen Ideen. Funktionieren nach Prozess ist angesagt. Zitat aus meiner Praxis: „Dein Gehirn gibst du besser am Tor ab und holst es, wenn du das Werk wieder verlässt.“ Eine Zeit des Loslassens und des „Verlernens“ bricht an. In der wir nicht alles planen, steuern, vorgeben,… können. In der wir uns mehr darauf konzentrieren sollten den passenden Rahmen zu bilden, in dem sich die in dem System teilhabenden Individuen (Variablen) selbst organisieren können, ohne dass wir versuchen, mit Maßnahmen auf diese direkt einzuwirken. In denen es Raum für Entwicklung gibt, da nicht alle ständig damit beschäftigt sind, die vorhandenen Strukturen zu bedienen, um diese am Laufen zu halten… Wie schwierig es ist, das bekannte und gewohnte Muster loslassen zu können, soll das folgende Beispiel aufzeigen.

Denken wir noch einmal kurz an z.B. Postkutschen- und Railwayunternehmen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Diese waren mit Sicherheit mal die Giganten unter den Konzern in deren Zeit. Gibt es diese noch? Wird es noch einen Daimler und BMW (inkl. der Zulieferer) geben, wenn Autos mal passé sind? Daimler hat die Postkutschenfirmen „disrupted“. Nun stehen neue Daimler wie Tesla da und disrupten den Daimler… Firmen wie Polaroid, Blackberry und Nokia sollten uns allen sehr strak zu denken geben.
Was führt immer wieder dazu, dass ehemalige Weltmarktführer von der Bildfläche verschwinden? Ich glaube, was diese nicht geschafft haben ist, Dinge auch wieder verlernen zu können, um Raum für Neues zu schaffen. Sie wollten das Alte behalten und haben ein paar neue Strukturen, Produktfunktionen oder Methoden wie jetzt gerade Design Thinking, Value Proposition Design oder Ähnliches hinzugefügt. Also noch mehr Entropie erzeugt… Starre ist der Tod jedes komplexen Systems.

HR sollte deshalb aus meiner Sicht auch sehr stark darauf schauen, wie es dabei unterstützen kann, das bis jetzt Erlernte kritisch zu hinterfragen und vor allem das „Verlernen“ der mittlerweile teilweise ungünstigen Verhaltensmuster zu unterstützen, in dem sie den Nährboden für diese Muster „zerstören“.
HR sollte dabei versuchen, das, was unter dem Klammerbegriff NewWork subsummiert wird, an sich selbst zu testen, Fehler zu machen, es zu (er)leben, Erfahrungen damit zu sammeln, um es vorleben zu können. Sonst wird HR immer mehr wie viele externe Beratungen, die Thema A oder B propagieren, aber diese nicht selbst bei sich anwenden… was dazu führt, dass man Konzepte und Methoden einführt, die dann nicht funktionieren, oder nur mit viel Aufwand, was das System weiter erstarren lässt.

Ich bin der Überzeugung, dass Organisationen dabei noch stärker auf Startups gucken sollten, um zu lernen, wie dort gearbeitet, gelernt und Neues entwickelt wird. Dort gibt es noch viele, „freie radikale“, die unvorbelastet Neues erschaffen. Natürlich werden sich auch in deren Vorhaben auf Dauer mehr Prozesse und Strukturen bilden. Es bleibt nur die Frage, in welchem Ausmaß

Abschließend möchte ich hier noch einen Artikel und ein Video einfügen, die für mich vieles, was teilweise noch lose und unverknüpft in meinem Kopf „herumgeflogen“ ist, und mit zu diesem wieder einmal viel zu langen Beitrag geführt hat, miteinander verbunden haben.

http://www.zukunftsinstitut.de/artikel/digitalisierung/mind-the-future-das-digitale-jetzt/

[embedyt] https://www.youtube.com/watch?v=a6fpg8gGdQM[/embedyt]

Social Learning im Kontext von „Agilität“, „digitaler Transformation“ und der „Lernenden Organisation“ hin zum „Arbeiten 4.0“ – The BIGGER picture

Könnte es sich bei Social Learning sogar um einen „enabler“ der im Titel genannten Schlagworte handeln?

Verfasst wurde der Artikel 2017 von Jan Foelsing.

Social Learning ist zu einem Thema geworden, das besonders durch die Transformation der Arbeit hin zur „Arbeit 4.0“ neuen Aufwind bekommen hat.

Trotzdem bleibt es für Personalentwickler, aber auch Lösungsanbieter ein schwer greifbares Thema. Wir versuchen es, mit diesem Artikel deshalb einmal etwas ganzheitlicher in seinem Kontext dazustellen.

Denn Social Learning, um dies vorwegzunehmen, stellt für uns einen wichtigen Baustein dar, um die agile und digitale Transformation in Unternehmen auf dem Weg zur „Arbeit 4.0“ zu ermöglichen.

Eins steht aus systemischer Sicht fest: Das Lösungssystem sollte mind. so komplex sein wie sein Problemsystem (Ashby’s Law – https://de.wikipedia.org/wiki/Ashbysches_Gesetz). Die „Problemsysteme“, also die Bedürfnisse unserer Kunden, liegen in einem stark vernetzten Umfeld. Dies hat zur Folge, dass auch die Anbieter von Lösungsansätzen sich intern wie extern stärker vernetzen müssen und die in den letzten Jahren errichteten internen Silos aufgebrochen werden müssen. Social Learning, was wir auch als Community Learning bezeichnen, stellt digital unterstützt eine gute Option dar, um genau diese Vernetzungsdichte zu erhöhen. Gepaart mit den Konzepten hinter den Schlagworten „Workplace Learning“, „Micro Learning“ und „Mobile Learning“ wird daraus ein Lösungsansatz, welcher für mehr Transparenz, hierarchieübergreifenden Austausch und mehr Kommunikation im Unternehmen, sorgen kann.

Doch die interne Vernetzung voranzutreiben, ist wahrlich kein leichtes Unterfangen. Denken wir nur an die unzähligen Wikis und Foren aus der Web 1.0 Zeit, die noch immer in Unternehmen vor sich hin „vegetieren“. Wir haben uns gefragt, woran dies liegen könnte und unsere Hypothese hierzu lautet: Lernen und Arbeiten hat sich, wie so vieles andere, in unterschiedlichen bzw. getrennten Systemen „entwickelt“. Seit der Schule sind wir es gewohnt, uns zum Lernen in ein Setting zu begeben, in dem wir von einem Lehrenden frontal „beschallt“ werden und nur noch „konsumieren“ müssen. Nachhaltiges Lernen funktioniert aber leider nicht, wie einen Film in Kino schauen. Zudem werden wir in Lernsettings immer „gerankt“, unsere Performance wird gemessen und wir werden mit den anderen Lernern verglichen. Das „Ich“ steht hier im Fokus. Für Arbeiten 4.0 und der damit einhergehende Wunsch nach mehr Agilität und Innovationskraft im Unternehmen tritt aber das „Wir“ immer stärker in den Vordergrund.

Klassische Lernsettings und das damit einhergehende, passivere Verhalten der Lernenden sind allerdings oftmals noch typisch für unser Schul- aber auch Personalentwicklungssystem und damit ein prägender Teil unserer Lernsozialisation. Von vielen Mitarbeitern werden vergleichbare Lernsettings dann auch im Arbeitskontext negativ mit Zwang und mitunter auch Langeweile verknüpft. Diese suboptimalen Assoziationen und Verhaltensmuster gilt es für uns aufzulösen.

Wir alle lernen zwar bereits viel vielfältiger und vernetzter, als wir glauben, doch ist dies den meisten Menschen nicht wirklich bewusst, da sie diese oftmals „privaten Lernsettings“ nicht mit „Lernen“ (in künstlichen bzw. klassischen Umgebungen) gleichsetzen. Lernen ist für viele somit noch ein passiver Prozess (anhören, ggf. auswendig lernen, wiedergeben, vergessen), der oftmals aus der Erfahrung heraus mit negativen Gefühlen assoziiert wurde. Doch wird nachhaltiges Lernen erst wirklich möglich, wenn die Lerner mit positiven Emotionen sich neues Wissen oder neue Fähigkeiten aneignen. Natürlich gibt es hier bereits viele Blended Learning Szenarien, in denen der reine Frontalunterricht bereits in Teilen aufgelöst wurde. Auch gibt es viele Trainings, bei denen man sehr praktisch mit Übungen arbeitet. In Lerntheorien gedacht weg vom Behaviorismus, hin zum Kognitivismus. Wobei man bei einem genaueren Blick feststellt, dass der behaviouristische Part oft einfach ins eLearning ausgelagert wurde, um Raum für kognitivistische Lernprozesse im Präsenztraining zu schaffen. Dies ist „evolutionär“ betrachtet auch bereits ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Doch für Social Learning und das damit eng verbundene Konzept der höheren Selbstverantwortung der Lerner reicht dies bei weitem noch nicht aus.

Social Learning ist vornehmlich auch ein Kultur- und Routinenthema.

Kultur auf 2 Ebenen:

Einmal auf Ebene der Unternehmen, die für die Rahmenbedingungen sorgen müssen, um das oftmals vorherrschende Silo-Denken aufzubrechen und gemeinsame und transparente Lernprozesse besser zu unterstützen. Aber auch die Lernkultur der Lernenden gilt es genauer zu betrachten. Diese sind die klassischen Settings gewohnt. Hier gilt es aus unserer Sicht vor allem, die Erwartungshaltungen in Bezug auf Lernen zu verändern. Den Begriff Lernen wieder positiv zu belegen und den Lernern klarzumachen, dass sie bereits in hohem Maße „Social Learning“ betreiben. Bis dato erfolgt dies allerdings hauptsächlich in privatem Kontext bspw. bei Hobbys, ohne dass dem Lernenden selbst bewusst wäre, dass er gerade lernt.

Wie viele Menschen lesen (Fach-)Artikel, gucken kurze Videos oder hören Podcasts über ihr Smartphone? Wie viele davon sprechen danach mit ihren Freunden oder Arbeitskollegen über Themen, die sie interessieren oder teilen Artikel z.B. über WhatsApp oder Facebook mit ihren Freunden? Wir lernen nahezu ununterbrochen und dies immer stärker „mobile“ und „social“. Nur wir verbinden dies nicht mit dem Begriff lernen. Diesen assoziieren wir ja bereits mit überspitzt formuliert dunkeln, bedrückenden Klassenräumen und schlechten Lehrern.

Routinen im Lernen:

Der Menschen als vielleicht das größte Gewohnheitstier dieses Planeten ist es, aus den unterschiedlichsten Kontexten bereits gewohnt, in abgeschotteten Silos zu agieren. Diese Routinen sitzen also bereits tief. In der Hirnforschung ist ja bereits klar bewiesen worden, dass unser Gehirn der Meister in Effizienz ist. Immer auf der Suche Energie zu sparen und anstrengende Tätigkeiten durch automatisierte Routinen zu ersetzen, um, ja genau, um Energie zu sparen. Und Lernen ist hier für die meisten Menschen mit der Routine verbunden: Hinsetzen, jemandem zuhören, etwas notieren, wiederholen, wiedergeben und die Inhalte dann in der operativen Hektik des Arbeitsalltags sofort wieder zu vergessen. Das Wissen verlässt das Silo „Lernen“ oftmals gar nicht und schafft es somit nicht in das Silo „Arbeiten“. Hier müssen wir aus unserer Sicht verstärkt ansetzen, um dieses Mindset zu verändern.

Vielleicht wäre auch ein guter, erster Schritt, wenn wir einfach die Personalentwicklungsmaßnahmen anders betiteln würden. Gar nicht mehr über Lernen reden, sondern uns auf die Errichtung einer „Wir“-Kultur konzentrieren, bei der es zum guten Ton gehört, Kollegen zu unterstützen und sich mit Ihnen auszutauschen. In der wir selbstverantwortlich dafür sorgen können, uns das nötige Wissen, die nötigen Fähigkeiten anzueignen, wenn wir dies benötigen. Dazu gehört es dann vor allem auch die Rolle der Führungskräfte zu verändern, das Silo-Denken durch neue Anreizsysteme / Kompensationssysteme und strukturelle Veränderungen aufzubrechen und die Rahmenbedingungen für einen Austausch zu verbessern. Hin zu einem Wir-Gefühl, welches z.B. einen starken Fokus auf die positive Unternehmensentwicklung legt. Um eine positive Entwicklung in Unternehmen zu unterstützen, bedarf es aus Elevation Labs Sicht folgender Komponenten:

(Lernen + Zusammenarbeiten + Kreativität + Verändern) * digitale Unterstützung = Innovation.

Doch sollten diese Begriffe aus unserer Sicht gar nicht mehr einzeln vorkommen. „Hallo lieber Mitarbeiter, wir machen jetzt ein Change/Transformations- Projekt, nachdem du verstärkt mit Menschen aus unterschiedlichen Abteilungen zusammenarbeiten musst, um neue Dinge zu lernen, damit wir innovativer werden und neue Lösungen kreieren können.“

Dies entspricht auch nicht der Denkweise von erfolgreichen Entrepreneuren. Von ihnen gilt es diesem Kontext aber zu lernen, um die eigene Lern- und damit auch Veränderungs- und Innovationskraft wieder zu stärken. Entrepreneure haben laut aktueller Forschung dazu zuerst „nur“ eine Vision oder zumindest eine Idee, wo es hingehen soll und agieren dann viel stärker in inkrementellen, mittel- und netzwerkorientierten Schritten, um sich der Vision zu nähern. Wer das Ziel direkt zu fest definiert, sieht oft nicht mehr die Möglichkeiten, die sich auf dem Weg zu neuen Lösungen ergeben. Bekannt geworden sind diese wissenschaftlich untersuchten Stärken von erfolgreichen Lösungsentwicklern/Entrepreneuren unter dem Schlagwort Effectuation.

Effectuation geht zudem davon aus, dass unternehmerisches Handeln erlernbar ist.

Und wir sind der Meinung, dass nachhaltiges Lernen stark an soziale Prozesse (Austausch) gekoppelt ist.

Entrepreneure suchen sich das Wissen, welches sie benötigen, selbst und lernen dabei dauernd im und mit ihrem Netzwerk (Lerntheorien: Konstruktivismus und Konnektivismus), ohne dass dies so betitelt wurde. Dabei arbeiten sie mit vielen unterschiedlichen Parteien daran, ihrer Vision näherzukommen. Dieses Mindset benötigen wir aus unserer Sicht auch im Unternehmenskontext. Die Vision ist hier das zentrale Element. Wenn man es schafft seine Mitarbeiter dafür zu begeistern, werden Change, Lernen und Innovieren schon fast automatisch passieren. Natürlich nur, wenn man die Rahmenbedingungen dafür gesetzt hat, ohne zu überreglementierten, wie dies in den letzten Dekaden aus dem Wunsch der Effizienzsteigerung oft in Firmen geschehen ist. Ein schönes Beispiel ist hier das Stage-Gate-Modell im Innovationsmanagement. Man Innovationen auch „tod-regulieren“. Der Blick muss wieder nach außen gehen. Unternehmen haben sich in den letzten Jahren immer mehr vom Kunden abgewendet, um sich um ihre internen Prozesse und die völlige Messbarkeit von allem zu kümmern, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Jetzt gilt es den Fokus wieder auf die Mitarbeiter und Kunden zu legen, um hier neue Potenziale heben zu können. Dies schreit aus unserer Sicht förmlich nach kleineren, mobileren, flexibleren Angeboten, die sich an den Bedürfnissen der Belegschaft im „moment of need“ orientieren. Rahmenbedingungen die es jedem ermöglichen sich das Wissen anzueignen, das gerade benötigt wird. Micro Content sowie Micro Trainings werden hierbei en vogue. Hierzu zählen wir auch Methoden wie BarCamps, World-Cafés, Quick-Win-Sessions, Design Sprint Sessions, „working out loud“ circles und kollegiale Intervisionen (Peer-Coaching), die in diesem Kontext gut genutzt werden können. Das selbstgesteuerte Lernen gewinnt damit an Bedeutung, was auch die Eigenverantwortung des Lernenden selbst betont (Stichwort: Employability). Wer aber nun diese sozialen und damit komplexen Prozesse genau auf ihre Wirksamkeit messen will, denkt aus unserer Sicht noch im mittlerweile überholten System (Siehe dazu z.B.: http://www.europeanbusinessreview.com/learn-or-die-every-business-will-be-in-the-business-of-learning/).

„Every Business will be in the Learning- / People Business in the next decades.“

Auf das Thema Social Learning bezogen heißt dies, dass wir es nicht so benennen sollten. Das generell die Lernprozesse nicht so genannt werden sollten, um die oftmals negativen Assoziationen mit dem Thema aufzulösen. Im Endeffekt geht es aus Sicht der Organisation um eine positive Unternehmensentwicklung. Natürlich kann man hier jetzt weiter versuchen dies durch genau Zielvorgaben auf Individualebene zu steuern und durch genaue Regeln/Vorgaben, die effizientesten Prozesse zu implementieren. Aber das heißt nicht, dass diese dann auch effektiv sind. Diesen Unterschied sollte man sich hier noch einmal bewusst machen. Es reicht nicht aus, etwas äußerst effizient zu machen, wenn es nicht effektiv ist. Im Gegenteil, wir sehen dabei sogar einen sehr großen Denkfehler. Je mehr wir alles vorgeben, steuern, strukturieren und auf Effizienz „trimmen“, umso mehr geraten die in diesem System arbeitenden Individuen in eine Art Trance. Sie funktionieren dann nur noch genau so, wie die Struktur es ihnen vorschreibt. Genau das war auch lange Zeit im Rahmen der Industrialisierung sinnvoll und gewünscht, aber heute haben sich der Unternehmenskontext so stark geändert, dass dieses Vorgehen nicht mehr langfristig zum Erfolg führen wird. Natürlich kann es noch Nischenmärkte geben, wo dies noch passt, aber viele Märkte haben sich bereits gewandelt. Die „Ressource“ Mensch, die im Rahmen der Industrialisierung auch oftmals „maschinisiert“ wurde, muss wieder menschlich werden. Herr Sattelberber (unter anderem ehemaliger Personalvorstand der Deutschen Telekom) z.B. sprach auf der diesjährigen Zukunft Personal darüber, dass Unternehmen wieder ein Herz bekommen müssten. Menschen müssten Fehler machen dürfen und Freiräume haben, um sich entwickeln zu können. Nur so würden Unternehmen in Zukunft innovativ bleiben bzw. es wieder werden.

Ansonsten glauben wir, dass wir in den nächsten Jahren viele große Konzerne zerfallen sehen werden, da kleine, schnellere, „agilere“ Startups die Märkte übernehmen, da diese nach den „neuen“ oder besser „gerade wieder kommenden“, agileren Vorgehensweisen handeln. Wie eine Art Rückbesinnung, auf das, was wir eh schon lange gemacht haben, doch z.B. im schulischen- aber auch im Corporate Kontext in den letzten Dekaden oftmals wieder abtrainiert bekommen haben.

Wie kann diese notwendige Transformation von mittleren und größeren Organisationen jetzt aber durch so etwas wie Social Learning unterstützt werden?
Wir sehen darin nämlich sogar einen der „Enabler“ zur Änderung von Unternehmenskulturen weg vom Ich-Individuum hin zu einem gemeinsamen Wir.

Die drei Grundbedürfnisse von Menschen in unserer Zeit sind aus unserer Sicht Zugehörigkeit, Anerkennung und eine positive (stabile) Zukunftsperspektive. Die Maschinisierung der Ressource Mensch hat dazu geführt, dass das Zugehörigkeitsgefühl sich nicht mehr stark auf das Unternehmenssystem bezieht. Wenn es gut läuft und der einzelne Mitarbeiter einen „guten“ Chef hat, kann es in einzelnen Abteilungen und Gruppen auf der Meso-Ebene von Unternehmen dieses Zugehörigkeitsgefühl noch geben. Aber auf der Macro-Ebene ist dies oftmals nicht mehr der Fall. Auch die Anerkennung wird oftmals nur noch mit Karrierestufe, Gehaltshöhe und wenn es gut läuft einmal jährlich im Zielgespräch durch ein Lob des Chefs, gleichgesetzt. Anerkennung ist aber eng mit Zugehörigkeit verbunden. Wenn ich mich nicht zugehörig fühle, dann nehme ich auch Anerkennung anders wahr. Wenn ich keine Anerkennung erhalte, fühle ich mich weniger zugehörig. So kam es aus unserer Sicht dazu, dass viele Mitarbeiter einfach nur noch „funktionieren“. Für die Zukunftsfähigkeit einer Organisation reicht dies aber in Zeiten von globalisierten Märkten und Crowdfunding-Plattformen, auf denen z.B. ehemalige Kunden anfangen, die Produkte, die sie sich wünschen, einfach selbst zu entwickeln, nicht mehr aus. Prototyping und 3D-Druck sind hier wahre Booster dieser neuen Bewegung. Und es wird in Zukunft noch schneller und vernetzter zugehen. Das Internet der Dinge steht in den Startlöchern und wird zu einer unbeschreiblichen Vernetzung von jedem mit allem führen.

Durch Social Learning Tools können neue Räume für ein Wir-Gefühl geschaffen werden. Menschen können sich hier ohne „Geheimnisse“ und zurzeit noch vorherrschender Intransparenz austauschen und Anerkennung durch die Community erfahren. Social Learning kann also dazu beitragen, das Zugehörigkeits- und Anerkennungsgefühl zu stärken.

Doch was ist für eine Social Learning- / Community-Kultur aus technischer Sicht nötig?

Für uns bedarf es einer Lösung, die mobil ist und bei der sich die Mitarbeiter frei von Hierarchien austauschen können. Ein Tool, welches Anerkennungsmechanismen bietet, wie wir diese von Twitter, Instagram und Facebook gewohnt sind. Also ein Sehen und Gesehen-werden ermöglicht.

Aus unserer Sicht spielt für das Konzept „Social Learning“ (= Lernende Organisation 4.0!??) die Führungskraft und die intern vorherrschenden Rahmenbedingungen sowie die 90/09/01 Regel eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, eine stetig lernende „Wir-Kultur“ zu ermöglichen. Z.B. können kürzere Feedbackgesprächszyklen wie beispielsweise aus dem „Kata Coaching“ bekannt (Kata-Coaching ist für uns der Lean-Kultur Enabler hinter den Methoden) sinnvoll sein. Dabei sollte Wert darauf gelegt werden, wie aktiv der Mitarbeiter in der Community war. Engagement auch explizit zu loben bzw. transparent zu machen sehen wir als eine geeignete Maßnahme. Der Austausch und das „Wir“ sollte dabei im Fokus stehen. Die Begriffe Lernen und Innovation muss man aus unserer Sicht hier nicht explizit ansprechen. Sie sind vielmehr eine Konsequenz aus dem Austausch. Alle Bedürfnisse, die in diesen Netzwerken „laut“/„sichtbar“ werden, können zudem als Basis für weiterführende Personalentwicklungsmaßnahmen dienen. Die Mitarbeiter bestimmen hierbei somit verstärkt selbst das Angebot. Natürlich sollte man dabei schauen, dass die Unternehmensvision auch bei höherer Selbstverantwortung der Mitarbeiter weiterhin unterstützt wird. Falls die Mitarbeiter sich aber zugehörig fühlen und die Vision zu ihrer gemacht haben, bedarf es dieser „Kontrolle“ bzw. „Steuerung“ aus unserer Sicht nicht mehr. Social Learning kann somit auch als Kulturbarometer der Organisation genutzt werden.

Allerdings sollte klar sein, dass nicht alle Mitarbeiter aktive Community-Mitglieder sein werden. Die 90/09/01 Regel sagt aus, dass 90% rein konsumieren (zumindest auf der digital ersichtlichen Ebene. Was davon informell und auf persönlicher Ebene in zumeist Kleingruppen geteilt wird, ist hier nicht berücksichtigt. Diese Effekte sollten aber auch nicht unterschätzt werden), 9% sind teilweise aktiv, um Inhalte zu teilen, zu bewerten oder zu kommentieren und 1% sind die Menschen, die sich wirklich aktiv und mit viel Herzblut engagieren. Sie sind die Ersten, die gefunden und unterstützt werden müssen. Sie sind der Antrieb von Communitys und damit der Motor der internen Entwicklung. Diese Personen wertzuschätzen und sichtbar zu machen, kann Wunder für Ihre informellen Lernprozesse und die interne Vernetzung Ihrer Mitarbeiter bewirken. Z.B. könnten Sie bei der nächsten Betriebsfeier, in der Mitarbeiterzeitschrift oder dem Intranet die Top 10 der aktivsten Community-Members prämieren. Ziel ist es herbei die 1% auf 5-10% anwachsen zu lassen. Die 9%, mit deren sporadischen Aktivitäten sind als Nächstes aufzufinden und weiter zu aktivieren. Persönliche Ansprache, Wertschätzung und Angebote der Unterstützung sind hierfür geeignete Maßnahmen. Wenn man eine kritische Masse von über 25% an aktiven Usern erreicht hat, wird ein Großteil des Rests folgen. Dieses Prinzip ist beispielsweise aus dem Innovationsmanagement bereits hinlänglich bekannt (https://en.wikipedia.org/wiki/Diffusion_of_innovations). 100% aktive Mitarbeiter wird man nicht erreichen, aber dies ist auch nicht notwendigerweise anzustreben.

Auf HR-Ebene geht es darum die Führungskräfte auf ihre neue Rolle vorzubereiten, die Performance-Messmechanismen und Incentives vom Individuum auf Teams und die Gesamtorganisation zu fokussieren. Die digitalen Tools für einen Austausch bereitzustellen und auch zeitlich Raum für diese extrem wichtigen sozialen Prozesse zu ermöglichen. Social Learning, welches wir lieber rein als „Community“ oder „collaborative Minds“ (CoMinds©) bezeichnen würden, wird somit zu einer Stellschraube, um die Rahmenbedingungen für eine positive Unternehmenskultur bestmöglich auszugestalten.

Zu diesem Community-Ansatz gehören für uns auch die oben bereits erwähnten Konzepte / Methoden wie Kollegiale Intervision / Fallberatung bzw. Peer-Coaching, Design Sprint Sessions, „working out loud“ circles und Reverse Mentoring, um auch technisch weniger affine Mitarbeiter abzuholen. Dazu noch ein Community-Manager, den wir lieber als beispielsweise „Kulturgärtner“ bezeichnen würden, da man Communitys nicht wirklich managen kann. Wir sind überzeugt, dass Begrifflichkeiten hier auch eine zentrale Rolle spielen, um die damit bewusst aber auch unterbewusst assoziierten Inhalte auflösen und neu sowie freier definieren zu können.

Abschließend möchten wir noch herausstellen, dass es enorm wichtig ist, die Bedürfnisse der zu kreierenden Communitys zu kennen. Hier gilt das gleiche Prinzip wie für Kunden. Im Lean Startup als Customer Development bezeichnet, wäre es hier Community Development. Content ist King – das steht fest. Es ist enorm wichtig, dass die geteilten Inhalte in einer Community eine gute Qualität haben. Dies bedeutet aber nicht, dass man High-End Videos produzieren muss oder alles in 3 Stufen qualitätssichern oder dergleichen. Hier haben wir festgestellt, dass authentische Inhalte von authentischen Menschen am besten wirken. Hinzu kommt unsere Hypothese, dass Content zwar King ist, aber die Bedürfnisse der Content-Nutzer zu kennen „Kaiser“.

Nur mit den passenden Inhalten, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Nutzer, kann eine Community langfristig enorme Mehrwerte für jede Organisation bieten. Davon sind wir zu 100% überzeugt.

Es ist und bleibt ein schwieriges und komplexes Thema, in welches, wie in jedem sozialen System, viele Faktoren hineinspielen. Die zu erreichenden Mehrwerte wie z.B. mehr Zusammenhalt, ein größeres Wir-Gefühl, einen höheren Austausch, eine höhere Vernetzung in der Organisation und die damit für uns einhergehende Stärkung der Innovationskraft sind aber aus unserer Sicht so erstrebenswert und in unserem momentan vorherrschenden Systemkontext so wichtig für zukünftigen Erfolg, dass man diese hohe Komplexität menschlicher Interaktionen die, die Kultur einer Organisation bilden, engagiert angehen sollte.

Je mehr wir darüber nachdenken, umso mehr wird uns bewusst, dass Arbeiten 4.0 und Social Learning das Thema der Lernenden Organisation (https://de.wikipedia.org/wiki/Lernende_Organisation) wieder aufgreift bzw. eine Lernende Organisation evtl. sogar erst wirklich ermöglicht. Man könnte also sagen: Wir sind auf dem Weg zur Lernenden Organisation 4.0.

Gerne würden wir jetzt noch das Konzept der Lernenden Organisation mit dem Spiral Dynamics Framework, den Themen Social Learning sowie Unternehmenskultur zusammenführen, aber das heben wir uns für einen anderen Blogbeitrag auf. Genug der schweren Kost ist genug.

Wir hoffen, dass wir Sie (trotz des großen Umfangs des Artikels) zum Nachdenken anregen konnten.

Die Zukunft der Unternehmen

Wo könnten sich Unternehmen organisatorisch in Zukunft hinentwicklen?

Was passiert zurzeit in unserer Umwelt?
Das sind die Fragen, denen ich in diesem Post mal etwas näher betrachten möchte.
Verfasst wurde der Artikel 2016 von Jan Foelsing.
Ich habe, wie wahrscheinlich auch Sie, das Gefühl, dass alles um uns herum schneller, vernetzter und dabei noch kurzweiliger wird. Die Welt wird immer mehr zu einem globalen Dorf.
Die Auswirkungen dieser neuen Umweltbedingungen auf Organisationen sind dabei viel größer, als dies zuerst scheint. Unter dem „Deckmantel“ von Begriffen wie NewWork, Arbeiten 4.0,… schwappt zurzeit eine riesige Veränderungswelle in die Unternehmen. Ich sehe hierbei das Problem, dass die Firmen zwar viel anstoßen und die Notwendigkeit von Veränderung teilweise klar erkennen. Die tatsächlichen Anstrengungen sich aber zumeist mehr auf die Arbeit samt deren Prozesse und Strukturen fokussieren und das eigentliche Thema der kulturellen Veränderung, die auch durch die gesellschaftliche Veränderung verstärkt wird, nicht betrachten. Zur gesellschaftlichen Veränderung werde ich demnächst noch einen Artikel mit Bezug auf das Spiral Dynamics Modell veröffentlichen, da ich dieses Thema für essenziell für eine mögliche Zukunftsausrichtung von Organisationen halte.
Es wird oftmals versucht, mit allhergebrachten Methoden und Modellen das Unternehmen langsam an die neue Marktdynamik zu „gewöhnen“, doch der wartet nicht… Unternehmen, die auch in Zukunft am Markt bestehen wollen, müssen hier, aus meiner Sicht, viel radikaler und tiefgreifender zu Werke gehen, um agiler (es tut mir leid, dass dieser Begriff so oft fällt. Ich kann ihn auch schon nicht mehr hören) zu werden. Dazu muss die Vernetzungsdichte in den Unternehmen drastisch erhöht werden. Intern sowie nach außen. Eine Öffnung nach außen und eine Rückbesinnung auf die Kunden stehen dabei im Fokus. Das Lösungssystem (Unternehmen), muss mind. so komplex sein wie das Problemsystem (Markt), sagt bereits Ashby’s Law aus. Um dies zu erreichen, spielen im momentanen Kontext agile Methoden wie Effectuation, Desgin Thinking, die Business Model Canvas oder das Blue Ocean Framework eine immer wichtigere Rolle, um sich ständig verändernden Umweltbedingungen schneller anpassen zu können. Aus „survival of the fittest“ wird „survival of the quickest“.
Um die Vernetzung auch intern zu erhöhen und zu fördern, bedarf es auch neuer, digitaler Unterstützer.
Diese Tools firmieren unter vielen Begriffen. Social Collaboration, Social Intranet, Enterprise Social Network, Enterprise 2.0, Arbeiten 4.0, Projektmanagement Plattformen,… Tools wie Trello, Stackfield, Mondays, Slack, Coyo und Jira. Und täglich kommen neue hinzu! Ein digitaler Tool-Jungel tut sich hierbei für viele Firmen auf.
Ein kleiner Tipp: Vorsicht vor „Web 1.0 Tools“! Ihre Mitarbeiter:innen sind von ihrem privaten Gebrauch sehr hübsche und gut durchdachte Apps gewohnt. Diese sollten im Arbeitsumfeld mindestens genauso gut und leicht zu bedienen sein, wie Ihre Mitarbeiter:innen dies auch aus dem privaten Umfeld gewohnt sind. Sonst wird es keine Akzeptanz für die technische Unterstützung geben. Design und Usability geht hier für mich ganz klar über zu viele Funktionen, Integrationen und Strukturen. Die detaillierteste Software hilft nichts, wenn sie keiner nutzen will. 😉
Die interne Erhöhung der Vernetzung führt auch dazu, dass viele, früher künstlich getrennte Unternehmensbereiche immer mehr verschmelzen. Neue Lösungen entstehen immer öfter an den Schnittstellen zwischen den verschiedenen Fachbereichen. Und dies ist auch gut so. Was zu Zeiten der Industrialisierung eine prima Sache war, wird immer mehr zu einer Unternehmens-gefährdenden Hürde. Das Fachbereichs- bzw. Silo-Denken gilt so schnell wie möglich aufzubrechen und immer stärker in interdisziplinären Projekt-Teams zusammenzuarbeiten. Hier können wir, zusätzlich zu den agilen Methoden, die es hierbei einzuführen gilt, noch die Ausführungen von John P. Kotter zum „Dual Operatig System“ empfehlen. Wir sehen dies vor allem im Bereich Corporate Innovation / Corporate Entrepreneurship als eine sehr gute Lösung an und nennen es Dual Organization. Das Themenfeld Holacracy sollte man sich hierbei auch etwas genauer anschauen.
Das Aufbrechen der Silos gilt vor allem auch für den Bereich Lernen / Personalentwicklung. Das Silo-Denken von einem Silo in dem gelernt wird und einem in dem gearbeitet wird, ist nicht mehr angebracht. Sogar kontraproduktiv. Es kostet Zeit und Geld und der Lernerfolg ist einfach zu gering. Hier muss das Lernen viel mehr mit dem täglichen Arbeitsprozess verschmelzen. Neudeutsch „kompetenzorientiertes Workplace Learning“. Die Lernverantwortung liegt dabei immer stärker beim Individuum. Trainingskataloge zu füllen ist nicht mehr zeitgemäß und schon gar nicht zielführend. Es können Angebote gemacht werden, wenn der Mitarbeiter nachfragt. Sonst sollte sich der Mitarbeiter ein Training, was es natürlich auch noch geben wird, aber viel weniger und kürzer (Micro Training) und immer als anwendungsorientiertes Blended Learning Szenario, selbstständig auswählen können. Die Personalentwicklung kann nicht für alle Jobrollen immer auf dem neusten Stand sein, um passende Angebote zur Weiterentwicklung der Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, da sich auch hier das Rad wesentlich schneller dreht, als dies früher der Fall war. Auch Kurse über openHPI, Udacity, Coursera, LinkedIn Learning oder iversity sollten hier z.B. nutzbar gemacht werden. Motivierte Lerner werden sich schon ein gutes Training heraussuchen. Das muss man diesen nicht vorkauen und reglementieren. Bei firmenspezifischen Trainings zu Prozessen und Software wird hier natürlich noch anders vorgegangen. Das Grundcredo lautet ganz einfach „weniger vorgeben, ist mehr“. Mehr Freiheit und damit auch mehr selbstverantwortliche Weiterentwicklung. Als Personalentwickler wird man viel mehr zu einem Coach für lernreflexsive Maßnahmen oder eine Art SCRUM Master, dessen Aufgabe es ist, die Hindernisse auf dem Weg, hier zum Lernziel der Mitarbeiter, zu beseitigen. Ad-hoc Web-Coachings, Project-based Learning oder Reverse Mentoring sowie kollegiale Intervisionen sind hier sehr interessante Methoden.
In einer digitalisierten Welt stellt sich die Frage, ob mit oder ohne technische Unterstützung nicht mehr. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie man seine Zusammenarbeit und sein Lernen sinnvoll digital unterstützen kann. Hier spielt eine durchdachte Didaktik des Lernsettings eine wichtige Rolle.
Ein Beispiel eines modernen Lernszenarios finden Sie zurzeit noch öffentlich zugänglich unter: Pete der Projektleiter.
Es ist eine tolle Zeit, in der die technischen und gesellschaftlichen Bedingungen endlich so weit sind, um digitale Unterstützer wirklich zu einem Mehrwert für eine bessere Zusammenarbeit und ein besseres Lernen werden zu lassen.