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Digitale Transformation & NewWork – Was bitte? Warum das denn? Und Wie?

Gesellschaftlicher Wandel im Rahmen der digitalen Transformation und seine Auswirkungen auf Organisationen

In Zeiten rapiden Wandels suchen immer mehr Organisationen nach Orientierungshilfen, um sich durch die immer nebliger werdenden Märkte zu navigieren. Die VUKA-Welt (Akronym: Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität) mit seinen Boten wie SCRUM, Design Thinking, Working out Loud, Effectuation, Social Collaboration Software… birgt sehr schnell die Gefahr im IT- und Methoden-Reaktionismus zu versinken.

Neue Medien wie z.B. Social Media, die damit einhergehende Erhöhung der Vernetzungsdichte und die sich dadurch verändernden Marktlogiken beschleunigen unser Umfeld zunehmend. Diese Veränderungsdynamik sorgt auch dafür, dass Lern- oder besser Entwicklungsprozesse in Organisationen immer wichtiger werden. Die Zeiten in denen Prozessoptimierungen ausreichen sind vorbei. Die Unternehmenskultur als Beschleuniger oder Barriere für die Zukunftsfähigkeit einer Organisation rückt immer mehr in den Fokus.

Doch was tut sich da unter dem Denkmantel von Schlagworten wie der Digitalen Transformation oder der New Work Bewegung? Welcher gesellschaftliche Wandel liegt diesen zugrunde und lässt sich immer mehr Organisationen auf den Weg machen, um mit flacheren Hierarchien, agileren Prozessen und auf Kollaboration ausgerichteten Strukturen, zu experimentieren?

Organisationale Entwicklung entlang des gesellschaftlichen Wertewandels

Der aktuelle, gesellschaftliche Wandel lässt sich am besten anhand eines Modells aus der Entwicklungspsychologie namens Spiral Dynamics beschreiben.

Es basiert auf Forschungen des Entwicklungspsychologen Clare W. Graves und wird seit nunmehr 80 Jahren international erforscht. Immer öfter wird dieses äußerst komplexe Modell menschlicher Entwicklung auch im Kontext organisationaler Entwicklung genutzt. So z.B. auch im Buch „Reinventing Organizations“ von Frederic Laloux, oder „Das kollegial geführte Unternehmen“ von Bernd Oestereich. Spiral Dynamics eignet sich hervorragend dazu, die aktuelle Transformation von hierarchisch und formal geprägten Strukturen in Richtung einer flexibleren und vernetzteren Organisation mit mehr Entscheidungsräumen greifbar zu machen. Dies ermöglicht eine werteorientierte Weiterentwicklung von Organisationen, welches eine nachhaltigere Herangehensweise ermöglicht, als dies durch das reine Einführen agiler Methoden wie SCRUM oder Design Thinking der Fall wäre.

Die Schnelllebigkeit der Märkte gepaart mit einer kurzfristigen Quartals- / Ergebnisorientierung verleitet uns zum Reaktionismus und schnellem einführen agiler Methoden. Doch diese können ohne Anpassung des organisationalen Rahmens und der darin vorherrschenden Lernprozesse nicht wirklich zu der gewünschten „Agilisierung“ des Unternehmens beitragen. Es fehlt oft der ganzheitliche Ansatz. Ein Tool ist ein Tool ist ein Tool. Dies gilt für Software genauso wie für Methoden. Erst die Unternehmenskultur entscheidet darüber, ob diese eine gewünschte Wirkung entfalten können. Lean Management ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Die Methoden wurden eingeführt, ohne die wichtige Basis, die Rolle der Führungskraft, anzupassen. Stichwort: Kata-Coaching als enabler von Lean Management / Production Methodenkoffern.

Der Satz: „Culture eats Strategy for breakfast and drives learning“ gilt für die VUKA-Welt noch viel stärker als zuvor.

Die folgende Grafik zeigt einen Auszug des Modells adaptiert auf organisationale Entwicklung und -Lernprozesse. Wir befinden uns zurzeit im Übergang von blau/orange hin zu grün/gelb. Der von vielen als „digitale Transformation“ bezeichnete Wandel ist vielmehr ein gesellschaftlicher, welcher durch Technologie nur beschleunigt, oder teilweise auch blockiert, wird.

Die blaue (1.0) und orange (2.0) Stufe stellen die Wertehaltungen und organisationalen Ausprägungen desjenigen Unternehmenstyps dar, der in den vergangenen Dekaden vorherrschend, und auch sehr erfolgreich, war. Typische Elemente sind zum Beispiel die starke Ausbildung von Fachbereichen und Hierarchien, ein Ordnungsprinzip nach dem Muster „Command & Control“, sowie eine Führung nach Kennzahlen und individuellen Zielvorgaben. Im Kontext des Industriezeitalters mit planbaren und stabilen Wachstumsmärkten war der Fokus auf Effizienz und Effektivität auch genau richtig und hat uns in kurzer Zeit viel Wohlstand und Fortschritt beschert. Doch umso schnelllebiger und komplexer die Märkte werden, umso mehr sollten Organisationen sich auf den Weg ins grün/gelbe Paradigma begeben. Die Wertehaltungen und Denkmuster von Menschen, die diese Entwicklungsstufen erreicht haben unterstützen die neuen Marktlogiken einfach besser, als die Stufen blau/orange.

Die grüne sowie die gelbe Entwicklungsstufe stehen für Organisationen, die eher netzwerkartig strukturiert sind und auf flache Hierarchien und mehr Selbstverantwortung setzen, um dadurch anpassungsfähiger aka agiler zu sein, als es eine zentrale Steuerung ermöglichen kann.

Dies führt auf Dauer zu fluideren Organisationsstrukturen, die über die bisher eher abgeschotteten Unternehmensgrenzen hinausgehen. Diesen Prozess der Öffnung nach außen, kann man bereits heute mittels Plattformen wie UpWork.com und Fiverr.com unterstützen. Über diese lassen sich flexibel Freiberufler für z.B. Projekte buchen, was gleichzeitig auch noch bei der Flexibilisierung der Mitarbeiterschaft hilft. In Ko-Kreation mit „Externen“ und Partnern lassen sich leichter neue Lösungen entwickeln. Auch in der Lernwelt tut sich etwas in Richtung grün/gelb. Mittels z.B. Masterplan.com lässt sich die Belegschaft für das digitale Zeitalter fit machen. Sunlight.is stellt eine Art Google-Suche für Lerninhalte (Kurse, Bücher, Podcasts, Events) da, die über die Plattform auch gleich gebucht werden können. Hierfür kann man jedem Mitarbeiter ein Budget bereitstellen, welches dieser frei nutzen kann. Dies ist besonders für KMUs interessant, die keine teuren Lernplattformen aufbauen wollen, oder Konzerne die ihren Mitarbeitern mehr Eigenverantwortung übertragen wollen. Mittels z.B. Coach-Now.de kann die individuelle Entwicklung, z.B. junger Führungskräfte, sehr flexibel und bedürfnisorientiert gestaltet werden. Mittels eines Enterprise Social Networks wie Coyo lassen sich transparentere Informations- und Austauschräume in der Organisation etablieren. Der passende, werteorientierte Mix macht dabei den Unterschied.

Abbildung 1: NewWork Development Framework

Auf in die neue Welt! Nur wie?

Eingebettet in eine Gesamtstrategie können agile Methoden wie SCRUM oder Design Thinking dazu beitragen, das Auflösen eines linearen Top-down-Denkens zu unterstützen. Sie stellen allerdings nur einen Teilaspekt dar. Nicht die Lösung.

Eine weitere Methode, die sich besonders für eine schrittweise Hinführung zu grün/gelben Ordnungsstrukturen eignet, ist Working out loud (WOL) oder auch Barcamps. Bei WOL handelt es sich um eine Art Peer-Gruppen Coaching, strukturiert in einem 12 Wochen Programm. Bei WOL überschneidet sich die Entwicklung einer neuen Lernkultur sowie einer kollaborativeren und wertschätzenderen Zusammenarbeitskultur sehr gut. WOL ist zwar sicher nicht das Allheilmittel, als das es zurzeit gehypt wird. Die Methode hat allerdings die große Stärke, dass sie den Weg von blau/orange zu grün/gelb für alle praktisch erlebbar machen und dadurch weiteren Entwicklungen den Weg ebnen kann. WOL dreht sich vor allem darum, die eigene Arbeit sichtbar zu machen und das eigene Wissen mit anderen zu teilen – und so die Beziehungen mit Kollegen besser inhaltlich zu nutzen und zu fördern. Die Methode ist zum einen sehr niederschwellig, es braucht nicht viel, um damit anzufangen. Sie beinhaltet zum anderen viele Elemente, die es für eine grün/gelbe Kultur braucht: eine dezentrale Kommunikation, spontanen Wissensaustausch und ein gemeinsames Growth Mindset. Noch konkreter auf die Entwicklung der Lernkultur bezogen empfinde ich Learning-out-loud als spannendes und auf Ko-Kreation ausgelegtes Konzept.

Auf technologischer Ebene möchte ich noch einmal den Einsatz von Social Collaboration Software wie z.B. ein Enterprise Social Network wie Coyo oder SAP Jam oder projektorientiertere Tools wie Monday.com oder Stackfield.com empfehlen, um den Wandel auf Level 3.0 und 4.0 zu unterstützen. Sie ermöglichen die Erhöhung der Vernetzungsdichte, unterstützen informelle Lernprozesse und ermöglichen allen Mitarbeitern mehr Transparenz über die Geschehnisse in ihrem Unternehmen.

Für den Einstieg in eine Transformation, die beide Seiten des Modells berücksichtigt, ist es sinnvoll, wenn die Personalentwicklung solche Tools und Methoden auch fürs Lernen nutzt. Und damit das gewünschte Mindset vorlebt. In vielen Organisationen laufen Social Collaboration und informeller Austausch sonst parallel zu den offiziellen Weiterbildungsangeboten. Ein Ansatz zur Entwicklung einer neuen PE-Strategie und moderner Lernszenarien, unter der Verwendung agiler Methoden aus den Bereichen Design Thinking, Lean Startup und SCRUM, findet ihr hier: https://learningdevelopmentframework.com/

Ebenfalls wichtig ist es Multiplikatoren für die neue Arbeitswelt ausfindig zu machen. Sozusagen die Early Adopter der grün/gelben Welt. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist das Buddy Konzept der Continental AG, das von Harald Schirmer und seinem Team initiiert wurde, und für das sich bereits mehr als 2.000 Mitarbeiter freiwillig gemeldet haben, um als Ansprechpartner für ihre Kollegen im Rahmen einer großen Software-Umstellung zu fungieren.

Als Unterstützung können im Rahmen des organisationalen Wandels auch sehr gut die Generationen X – Z mit eingebunden werden, da diese bereits in globalen Netzwerken groß geworden sind und neue Arbeitsformen oftmals bereits in der Ausbildung oder im Studium erleben durften. In einigen Organisationen wie z.B. Bosch hat sich die Reverse-Mentoring-Methode bewährt, bei der jüngere Kollegen ihre Erfahrungen im Bereich digitaler Netzwerke an ihre reiferen Kollegen weitergeben.

Bei der anstehenden Transformation spielt die Entwicklung der Unternehmenskultur eine entscheidende Rolle. Digitalisierung ist nur ein Teilaspekt und ggfs. Beschleuniger der Notwendigkeit des Wandels auf Level 3.0/4.0. Nicht aber der gelobte Heilsbringer. Dies ist ganz wichtig zu verstehen, da ich z.B. oft Personalentwicklungsbereiche sehe, die den Auftrag erhalten haben die digitale Transformation zu unterstützen und daraufhin eine neue Lernplattform oder eine Quiz-App einführen. Ohne Einbettung in eine Gesamtstrategie verpuffen diese, teilweise teuren Maßnahmen, allerdings schnell in den blau/orangenen Strukturen. Die Balance aus organisationaler Entwicklung und unterstützenden Lernsettings, wird hier auf Dauer den Unterschied machen.

3 Tipps für Ihre Transformationsprojekte in a nutshell

Ganzheitliche Sicht:

Kulturentwicklung betrifft alle Ebenen der Organisation. Darunter fällt auch die Lernkultur im Unternehmen, sowie die unterstützenden Tools und das organisationale „Belohnungssystem“. Dies muss nicht rein das Gehalt sein. Fragen Sie sich auch, wann bin ich innerhalb der Organisation ein „guter Mitarbeiter“? Wie werde ich befördert oder erhalte die größte Wertschätzung durch meine Kollegen und Vorgesetzten? Die Antworten darauf sollten die grün/gelbe Wertewelt bestmöglich unterstützen.

Cultural Awareness:

Die vorherrschenden Wertehaltungen in der Organisation können mittels auf Spiral Dynamics beruhender, empirischer Methoden (Interviews und Fragebögen) leicht transparent gemacht werden, um schneller und zielführender zu wissen, wo man aktuell steht.
Was sind die dominierenden Werte der Individuen in Ihrer Organisation? Wie tickt ihr Unternehmen? Wenn Sie dies ermittelt haben, können leichter Maßnahmen abgeleitet werden, um eine strategische Weiterentwicklung anzuschieben.

Beschleuniger des Wandels:

Identifizieren Sie die systemprägenden Personen in Ihrer Organisation. Dies sind oftmals die Führungskräfte, müssen es aber nicht zwangsläufig sein.
Wer besitzt viel Einfluss? Nach wem richten sich Ihre Mitarbeiter? Zu wem schauen sie auf?

Wenn Sie diese für Ihr Vorhaben gewinnen können, stellt dies einer der stärksten Hebel für organisationale Entwicklung dar.

Diese müssen zuerst mit Eingebunden und „enabled“ werden.

Diese müssen die „neue Welt“ vorleben.

Versuchen Sie den Wandel zudem so weit wie möglich durch Bottom-up Initiativen zu unterstützen, da diese sich als Wirkungsvoller erwiesen haben, als reine Top-down Vorhaben.

ANMERKUNG:

Diesen Artikel habe ich für Dekra Solutions geschrieben. Er erschien im Januar 2019 allerdings als stark gekürzte Version. Deswegen wollte ich hier noch einmal das „original“ posten, da mir die gedruckte Variante so garnicht mehr zusagt.

Der „offizielle“ Artikel kann hier kostenlos heruntergeladen werden:

Artikel

Communitys, Social Collaboration Tools und ihre Hürden

Oder warum klappt das oft nicht mit dem kollaborativen Arbeiten und Lernen?

Verfasst wurde der Artikel 2017 von Jan Foelsing. 2023 wurde der Artikel, ohne Hilfe von ChatGPT und Co., minimal upgedatet.

Im Rahmen des MOOCathon (2017) – Corporate Learning 2025 (#cl2025) wurde von Bosch eine Grafik eingebracht, die zeigt, was Bosch im Rahmen von „digital collaboration“ für wichtig erachtet.

Wie ich finde eine wirklich gelungene Aufzählung mit wichtigen Stellschrauben, um das Thema NewWork / Arbeiten 4.0 nicht nur digital zu unterstützen.

Ich würde aus der Grafik gerne einen Aspekt noch einmal besonders beleuchten, da ich ihn für zentral erachte. Und zwar den Punkt Anerkennung oder auch Wertschätzung. Ohne diese, ist der Rest m. E. einfach nur eine schöne Idee. Wie ein Leitbild, welches einmal erarbeitet und dann in der Eingangshalle aufgehängt wurde. Hierbei ist auch mehr der Wunsch der Vater des Gedankens, dass dieses Leitbild Einfluss auf die Unternehmenskultur hat…

Warum engagieren sich Menschen in Netzwerken? Warum funktionieren einige Communitys gut, aber die meisten eher weniger gut?

Im Privaten funktionieren diese aus meiner Sicht tendenziell besser, da man sich an einem selbst gewählten Thema, für welches man eine Leidenschaft besitzt, beteiligt. Dort ist man unter „Gleichgesinnten“, fühlt sich verstanden und erhält Wertschätzung durch die Community. Falls dies nicht der Fall ist, wird das Netzwerk sehr schnell wieder in sich zusammenfallen. Im deutschsprachigen Raum gibt es bspw. so viele Vereine wie sonst nirgends, global.

Ein Blick auf private Freunde-Communitys:

Ich durfte bis jetzt in 3 Städten in Deutschland leben und bin dadurch in mind. 4-5 Whatsapp- und Telegram-Gruppen. Diese setzen sich zwar aus Freunden zusammen, die aber oftmals ganz unterschiedliche oder lediglich ein paar sich überschneidende Interessen haben.

Ich habe dabei beobachtet, dass in diesem Kontext die Community nur „funktioniert“, wenn man es schafft, mit einem Beitrag eine kritische Masse an Gruppenmitgliedern von sagen wir einmal 30-50% anzusprechen. Also deren Bedürfnis bzw. deren Leidenschaft in dem jeweiligen Augenblick zu treffen. Wenn dies einmal klappt, folgt der Rest einfach. Ich glaube, man fühlt sich ab einer kritischen Masse „sozial verpflichtet“ ebenfalls zu reagieren.

Bei so kleinen und heterogenen Gruppen ist dies äußerst schwierig. Zumeist sind diese Gruppenchats eher selten aktiv. Außer, man findet sich zu einer gemeinsamen Aktion zusammen. Leichter ist es aus meiner Sicht bei themenfokussierten Communitys mit einer hohen Anzahl an Teilgebenden. In diesem Kontext sollte es leichter fallen, stabile und aktive Communitys zu erzeugen.

„Resonanz im System zu erzeugen ist, in einer Zeit der „Reiz- und Inhaltsüberflutung“, gar nicht mehr so einfach…“

Wenn jemand mehrfach Beiträge für die Community leistet, auf die nicht reagiert wird, dann wird diese Person auf Dauer ihr Engagement einstellen, da die Wertschätzung fehlt. Dabei reicht bereits ein Smiley, LOL, oder der Gleichen zumeist schon aus, da unser Gehirn sofort anfängt, Dopamin auszuschütten. Was uns ein gutes Gefühl gibt. Falls dies nicht geschieht, verfällt man relativ schnell in einen passiven Reagieren-Modus. Eine Überflutung mit Reizen, wie z.B. durch zu viele offene Tätigkeiten, Druck oder Stress, kann diesen Effekt schnell verstärken.

Wenig Wertschätzung, mehr passives reagieren gepaart mit einer zu vollen To-do-Liste ist aus meiner Sicht nicht wirklich ungewöhnlich in unserem wirtschaftlichen Kontext. Hierin stecken einige Stellschrauben, die für den Aufbau von Communitys hinderlich oder förderlich sein können. Wie z.B. das Entlohnungs- und Bonussystem in Organisationen. Communitys sind nun mal soziale Systeme, in denen ein hohes Maß an Wechselwirkung herrscht, die stark durch die vorherrschenden Prozesse und Strukturen beeinflusst werden.

Hypothese:Der ganzheitlich betrachtete, organisationale Rahmen, in welchem sich die Unternehmenskultur entwickelt, macht einen großen Teil dabei aus, ob Communitys in Unternehmen Mehrwerte stiften können.“

Deswegen reicht es nicht aus, einfach mal ein Tool einzuführen und dann, selbst unter großen Anstrengungen (Maßnahmen, Interventionen), zu hoffen, dass sich darin langfristig funktionierende Communitys bilden. Wenn der Rahmen, also die Prozesse, Strukturen und Führungskultur dies nicht unterstützen, kann ein Tool dabei nur selten helfen. Im Gegenteil, es kann regelrecht zur Abstoßung des Neuen durch das System kommen.

Wertschätzung ist etwas, was kulturell gewünscht und unterstützt werden muss, sonst findet es nicht statt. Die schwäbische Kultur ist hier evtl. ein passendes Beispiel. Wenn es heißt: „Nicht geschwätzt, ist gelobt genug“, dann wird in diesem Kontext der Aufbau von Communitys bereits durch diesen kulturellen Aspekt erschwert.

Wertschätzung ein Feldversuch

Ich habe das Thema Wertschätzung einmal etwas am lebenden Objekt getestet (aber bitte nicht meinen Freunden erzählen! :D).

Sagen wir es gibt 2-3 Personen, die öfter Beiträge wie Links, oder Fragen teilen. Wird eine dieser Personen regelmäßig wertgeschätzt und die anderen nicht, dann ist es wahrscheinlicher, dass die wertgeschätzte Person weitere Inhalte einstellen wird. Möglicherweise sogar öfter als zuvor. Die Anderen werden dies dagegen weniger tun. So zumindest meine Beobachtung.

Die 90/9/1-Regel:

Besonders wenn Communitys noch klein sind, und es nicht genügend Personen gibt, die zu den im Schnitt 1% der wirklich aktiven Contenterstellenden und Teilgebenden gehören, sondern mehr zu den 90% der Menschen, die im digitalen Netz rein konsumieren, ohne sich dabei aktiv einzubringen, gibt es nicht genügend Personen, die dem 1% die Wertschätzung entgegenbringen, die diese sich wünschen. Es gilt in Communitys aus meiner Sicht also nicht nur von den 90% einige zu aktivieren, um die 9% der teilweise aktiven etwas auszubauen, sondern auch die 1% der aktiven und die 9% der teilweise aktiven wertzuschätzen, um sie nicht zu „vergraulen“ (siehe 90/9/1 Regel des Internets: https://de.wikipedia.org/wiki/Ein-Prozent-Regel_%28Internet%29).

Im Arbeitskontext ist es allerdings, wie bereits angedeutet, noch viel schwieriger Communitys, die von alleine funktionieren, zu etablieren. Die vorherrschende Unternehmenskultur beeinflusst dies entscheidend. Zurzeit sehen viele Menschen, systembedingt, ohne eigenes Verschulden, Arbeit nur noch als notwendiges „Übel“ an. Dadurch verspüren diese natürlich auch keine positiven Emotionen, keine Leidenschaft für die Themen im Arbeitskontext. Falls zudem ein organisationaler Rahmen vorherrschend ist, bei dem es mehr um Controlling, Steuerung, Befehlsketten, Funktionieren (am besten wie eine Maschine) geht, wird das Bilden von Communitys, zumindest aus meiner Sicht, so gut wie unmöglich sein. Besonders dann, wenn der Austausch nicht als „Arbeit“ angesehen wird, sondern als „Störung“ in der möglichst effizienten (nicht effektiven!) Abarbeitung vordefinierter Prozesse.

„Was machst du da? Filmchen gucken? Mit den Kollegen chatten? Dein Leben will ich haben! Hast du nichts anderes zu tun?“

In einer solchen Kultur, die, wie ich glaube systembedingt, in den meisten Firmen in Deutschland noch dominant ist, können Communitys höchstens in kleinen Teilbereichen funktionieren. Dort wo es eine Führungskraft geschafft hat, ihre eigene kleine Subkultur zu kreieren… Oftmals passiert dies zuerst im IT-Bereich, da dort der Druck sich stetig weiterzuentwickeln kontextbedingt am höchstens ist. Peer Learning Prozesse sind zudem auch viel schneller und effektiver als klassische Trainingsmaßnahmen

Wie oft habe ich schon gehört: „Ja, diese Chats sind doch wie Foren, das haben wir schon einmal probiert, aber keiner hat mitgemacht.“ Und zumeist noch im gleichen Atemzug: „Ja, dieser Austausch ist ja bestimmt ganz gut, doch wie kann ich nun messen, wie sich die Kompetenzen dadurch verbessert haben, oder sehen, ob die Mitarbeiter das Video auch angeschaut haben? Und wie kann ich verhindern, dass dort zu viele Privatnachrichten und andere Inhalte geteilt werden?“

Communitys haben in den so ausgeprägten Kulturen auch kein wirkliches „Standing“. Man macht sie halt mal „auf“, weil man gelesen hat, dass das gut für die Innovationskraft wäre. Aber eine besonders beim Start so wichtige Betreuung und Hilfe der Community-Mitglieder bleibt dabei oftmals aus. „Dafür haben wir keine Ressourcen / keine Zeit…„.

Hypothese: So klappt‘s leider nicht mit dem Nachbarn äh, aktiven Netzwerken.

„New Work“ (der passende Nährboden) bedeutet also nicht freies Mittagessen, Flex-Office, Tischkicker oder zwei Hierarchie-Stufen zu streichen, sondern eine ganzheitliche Transformation von Organisationen, ohne diese, das Bilden von Communitys in z.B. Social Collaboration Tools wie MS Teams, SAP Jam, Stackfield, Yammer, Asana,… eine sehr herausfordernde Aufgabe sein wird.

Wenn aber auch der organisationale und kulturelle Rahmen solche neuen Collaboration Tools unterstützt, wird man erleben, was für fantastische Dynamiken in solchen Systemen entstehen können. Trotzdem bin ich nicht der Meinung, dass man jetzt sagen sollte: „Ok, wir müssen erst unsere Kultur verändern, um dann die digitalen Helfer zu implementieren.“ Denn die neuen, auf Zusammenarbeit ausgelegten Tools dienen auch gleichzeitig als Rahmengeber, als eine Variable im System, welche Einfluss auf die Kultur haben kann. Man sollte sich jedoch nicht der Illusion hingeben, dass man ein solches Tool einfach mal zur Verfügung stellt und dann sofort 80% Juhuuu schreien und die Option aktiv nutzen. Es darf nicht vergessen werden, dass wir Menschen Gewohnheitstiere sind und in den letzten Jahrzehnten im Arbeitskontext darauf getrimmt wurden, möglichst nicht selbstständig zu denken, sondern die Prozesse, wie gewohnt, bestmöglich abzuarbeiten. Mühsam muss sich das Eichhörnchen im Community-Bereich ernähren, bevor mal eine dicke Ernte ansteht… Wenn 20-30% der Belegschaft ein solches Tool zum Start annehmen würden, würde ich dies bereits als gelungenen Start bezeichnen.

Aber Vorsicht! Das althergebrachte Bauen von bspw. Community-Freigabe-Prozessen, oder Prozessen, die eine Nutzung im Prinzip verpflichtend machen, helfen hier nicht. Im Gegenteil!

Klar, KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) darf / soll / muss man schon lange machen. Hat aber oft ja auch nicht wirklich funktioniert, da man dafür auch wieder eine Kultur des ständigen Lernens und genauso Verlernens!!! benötigt… Zudem wird dabei oftmals nur an der Effizienz gedreht. Aber ob der ganze Prozess überhaupt noch sinnvoll ist, wird hierbei eher selten betrachtet. Bestes Beispiel ist hier aus meiner Sicht Lean Management. Da steckt so viel Potenzial drin… auch im Hinblick auf das Fabelwesen der Lernenden Organisation, doch die wenigsten Organisationen haben es geschafft dieses zu nutzen. Positive Beispiele sind m.E. Festo, Porsche und Festool.

Bei den meisten Firmen waren viele Jahre Berater im Haus, die das Thema zum „Fliegen“ bringen sollten, aber ohne sich darüber Gedanken zu machen, welcher Kultur diese Methoden bedürfen und wie die Führungskräfte dies, z.B. mittels Kata-Coaching, zum Leben erwecken müssen… Prozesse und Strukturen sind hier klar zu kurz gegriffen. Wenn es natürlich auch einfacher ist, rein an Prozessen zu arbeiten, als ganzheitlich an der Kultur, da diese oftmals etwas nebulös erscheint, schwer greifbar und „manipulierbar“ ist… Da kann man sich als z.B. externer Berater schnell die Finger dran verbrennen, da auch die internen, politischen Gegebenheiten hier mit hineinspielen. Komplexe Systeme mit Wechselwirkungen eben… Prozesse und Strukturen darüber kann man leichter sprechen und diese lassen sich auch viel leichter verändern… Doch Menschen erwecken diese „zum Leben“. Dies ist vielen dann aber doch noch etwas zu komplex und heikel.

Als essenziell erachte ich für den Start von Communitys z.B. in einem ESN (Enterprise Social Network) gute „Community Hebammen“, die die „Early Adopter“ wertschätzen und ihnen die Anerkennung geben, die sie auch verdient haben.

Vielleicht würde ein „Community Heros Award“ hierbei auch helfen.

Zusatz:

Was mir beim Schreiben noch aufgefallen ist, ist, dass die Zeiten der „leichten“ Lösungen wohl immer mehr vorbei sind. Prozesse und Strukturen sind im Vergleich zu Communitys, Netzwerken, Unternehmenskulturen so etwas wie Kindergarten vs. Forschungszentrum. Das Schöne daran aus meiner Sicht als externer Unterstützer von Unternehmen ist, dass bei diesen Themen externe Helfer, vielleicht zum ersten Mal, wirklich notwendig und hilfreich sein können, da sie noch nicht vom System „absorbiert“ wurden. Dadurch lassen sich kulturelle Wirkzusammenhänge besser erkennen. Eine systemische Ausbildung erachte ich dafür als sehr wichtig, um die richtige Haltung zu entwickeln sowie sinnvolle Techniken für komplexe Systeme zu kennen. Mit fertigen Lösungen um die Ecke zu kommen, kann hierbei nicht mehr funktionieren und auch die zugekauften, externen Ressourcen wie Berater:innen werden Fehler in den Transformationsprozessen machen. Hierfür ist auch ein Umdenken auf Dienstleister- und Klientenseite wichtig, sonst erhält man wieder nur klassische Consultants, die sich auf Analysen und dann neue Prozesse und Strukturen stürzen, da sie hierbei am ehesten die richtigen Kniffe kennen und sich damit auch wirklich gut und lange in ein Unternehmen graben können, was zuträglich für die eigene Karriere und das Portemonnaie ist. Wirkliche Mehrwerte für die Klienten können dadurch, glaube ich, nicht mehr erzielt werden. Auch dieses System befindet sich also im Umbruch und wird dabei mehr zu einer „Solution Development Community“!?? Spannende Zeiten! 🙂

Hilft es zu fragen, wie Lerner lernen wollen? Und – Die neuen Lerner sind auch super Verlerner

Dieser Artikel ist zuerst erschienen unter: Elevation Labs – Impulse

Und entstand im Rahmen des Corporate Learning 2025 MOOCs im Jahr 2017.

Quelle: http://disq.us/p/1jxj6t0

Ich möchte heute einmal eine vielleicht etwas freche Frage stellen bzw. einen überspitzten, kritischen Impuls liefern.

Wenn man einen Blinden fragt, ob er Bild A oder Bild B schöner findet, damit man danach weiß, welches Bild man öfter drucken lassen soll, kann bzw. sollte man dann mit der Aussage des Blinden etwas anfangen?

Nichts gegen Design Thinking und Personas. Tolle Methoden oder besser Mindsets, die diesen zugrunde liegen und die ich wirklich gerne verwende. Nur bin ich mir nicht sicher, ob diese im Kontext der Befragung von „Lernern“ in Organisationen hilfreich sind, um seine Personalentwicklungs-Aktionen danach auszurichten. Hätte man einen Kutscher früher gefragt, was er gerne verbessern würde, dann wäre das wahrscheinlich etwas gewesen wie, „die Pferde sollten weniger schlafen“, oder „wir benötigen eine Vorrichtung, um noch mehr Pferde einspannen zu können, um größere Kutschen zu ziehen“, oder „ich bräuchte eine bequemere Sitzbank“…

Hypothese: Ich bezweifle oder stelle zur Diskussion, dass wenn man Menschen in Organisationen fragt, ob sie sich ihr Lernen selbst gestalten wollen, diese aber ihr Leben lang gelernt haben (ACHTUNG Übertreibung und Ausnahmen bestätigen die Regel), dass „Lernen“ eine passive und langweilige Sache ist, die sie serviert bekommen und sich dabei zurücklehnen können, ob diese dann auf einmal lieber selbstgesteuert lernen möchten.

Das wäre für mich so, als würde ich gerne nach Rom reißen. Es gibt 2 Wege. Der eine ist über die Autobahn im Bus und der andere ist über teilweise unbefestigte, für einen selbst schwer ersichtliche Wege zu Fuß. Was würde ich da wohl antworten… (Naja, ich persönlich würde, wenn ich den Raum (Zeit + Geld) dafür hätte, auch gerne mal laufen. Aber meistens doch eher mit dem Bus fahren).
Zudem arbeiten diese Menschen zumeist noch in Umfeldern, in denen Zertifikate, also Papier-Status-Symbole, „guck mal, ich bin wichtig, ich wurde von meiner Firma auf Schulung X geschickt und bin jetzt chief master xy“, noch eine hohe Bedeutung haben. In diesen Organisationen gibt es auch noch die klassischen Silos und zwar nicht nur zwischen den Fachabteilungen, sondern auch zwischen Arbeiten und Lernen. Zudem kommt noch hinzu, dass „echtes“ Lernen auch etwas mit Raum zu tun hat, in dem man Fehler machen darf. Mal Hand aufs Herz, das ist in unserem Kulturkreis doch noch oft eher ein no go, welches wir die letzten Jahrzehnte so vorgelebt bekommen und verinnerlicht haben. Also zumindest bei mir selbst kann ich dies so bestätigen. Außerdem mögen die Menschen Präsenztrainings, da man dabei mal aus dem Alltag heraus kommt und neue Leute kennenlernt. Was für mich alleine schon ein Präsenztraining sinnvoll erscheinen lässt, wenn man an das Thema Komplexität und Vernetzungsdichte denkt, aber das mit einem anderen Fokus.
Ich finde die ganzen Diskussionen hier (Corporate Learning MOOC) wirklich toll und sehr bereichernd, auch wenn ich leider nur einen Bruchteil davon mitbekomme.

Aber ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir oft über Maßnahmen und Methoden sprechen, wie das beim Lean Management Boom auch so war und trauen uns nicht, an das echte Thema heran. Kultur – Unternehmenskultur, Führungskultur, Lernkultur,… Beim Lean Boom wurden alle Methoden eingeführt, ohne das Essenzielle, die Kultur dahinter (siehe Kata-Coaching), anzugehen. Oft war das Ergebnis dann nicht so wie erhofft und viele fragen sich immer noch warum… Kulturmuster, die sich in Leitblanken / dem Rahmen entwickeln, das ist für mich das eigentliche Thema. Solange wir nicht hier ansetzen, habe ich das Gefühl, dass wir zwar mit viel Leidenschaft, Energie und tollen Ideen am Werk sind, aber dies nicht zur gewünschten Vision führen wird. Wir reden auch hier viel über Lernen als „abgetrennte Einheit“ auch wenn angrenzend immer wieder andere Themen wie Führung mit eingebracht werden. Aber der Schuh wird in Zukunft überall drücken. Eine Transformation steht uns ins Haus, die eine ganzheitliche, integrale Sicht bedarf.
Es ist natürlich verständlich, dass wir, die auch Teil des momentan noch vorherrschenden Systems sind, lieber darüber sprechen, wie wir die Menschen durch geschickte Interventionen zu „Super-Lernern“ machen können. Ich glaube aber, dass das nicht geht. Oder zumindest nicht mit den „direkteren“ Interventionen, über die wir gerne reden, da sie greifbarer sind, und wir danach evtl. leichter etwas bei der Einzelperson messen können. Der gefühlte Rechtfertigungsdruck von HR ist, glaube ich, auch noch zu hoch… Ich finde, wir sollten weiter unten, tiefer ansetzen und uns viel stärker über indirekte Interventionsversuche unterhalten. Kultur ist ja auch eine indirekte Variable. So „leicht“ ich das hier schreiben kann, so diametral schwer / komplex ist dies in der Realität. Denn solche Veränderungen brauchen Zeit und können nicht mit den oftmals geforderten Quartalszahlen gemessen werden. Und wenn man wirklich anfängt, mehr den Rahmen zu betrachten, als zu versuchen einzelne Individuen zu „erleuchten“, dass sie ab jetzt doch total toll selbstmotiviert lernen „dürfen“, dann machen wir ein großes Fass auf, was sich glaube ich niemand traut. Dann geht es an alles, was HR die letzten Jahren aufgebaut hat. 360 Grad Feedback-/Kompetenzmodelle, Vergütungs- und Arbeitszeitmodelle, Talent Management Prozesse mit vordefinierten Karrierepfaden, Hierarchien, Lernplattformen / Lernsilos,…
Ich nehme mir hier einfach mal heraus, dies alles in Frage zu stellen, da ich dies alles selbst noch bis vor ca. 2-3 Jahren für super toll gehalten habe. Professionelles Managen der Entwicklung von Mensch und Organisation. Ich komme aus der IT und hatte dadurch immer das Gefühl, dass wenn man Prozesse und Strukturen bildet, dass dies die beste Option ist für eine kontinuierlich positive, zielgerichtete Entwicklung. Mittlerweile glaube ich nicht mehr daran, dass dies funktioniert. Im Gegenteil. Wir erzeugen dadurch eine immer größer werdende Entropie. Immer mehr Prozesse und Systeme helfen in unserem Kontext nicht mehr dabei, ein Unternehmen steuerbar zu halten. Sie lähmen es immer mehr. In diesen Denkmustern heißt es noch: das war es mit der Eigenverantwortung, Engagement und kreativen Ideen. Funktionieren nach Prozess ist angesagt. Zitat aus meiner Praxis: „Dein Gehirn gibst du besser am Tor ab und holst es, wenn du das Werk wieder verlässt.“ Eine Zeit des Loslassens und des „Verlernens“ bricht an. In der wir nicht alles planen, steuern, vorgeben,… können. In der wir uns mehr darauf konzentrieren sollten den passenden Rahmen zu bilden, in dem sich die in dem System teilhabenden Individuen (Variablen) selbst organisieren können, ohne dass wir versuchen, mit Maßnahmen auf diese direkt einzuwirken. In denen es Raum für Entwicklung gibt, da nicht alle ständig damit beschäftigt sind, die vorhandenen Strukturen zu bedienen, um diese am Laufen zu halten… Wie schwierig es ist, das bekannte und gewohnte Muster loslassen zu können, soll das folgende Beispiel aufzeigen.

Denken wir noch einmal kurz an z.B. Postkutschen- und Railwayunternehmen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Diese waren mit Sicherheit mal die Giganten unter den Konzern in deren Zeit. Gibt es diese noch? Wird es noch einen Daimler und BMW (inkl. der Zulieferer) geben, wenn Autos mal passé sind? Daimler hat die Postkutschenfirmen „disrupted“. Nun stehen neue Daimler wie Tesla da und disrupten den Daimler… Firmen wie Polaroid, Blackberry und Nokia sollten uns allen sehr strak zu denken geben.
Was führt immer wieder dazu, dass ehemalige Weltmarktführer von der Bildfläche verschwinden? Ich glaube, was diese nicht geschafft haben ist, Dinge auch wieder verlernen zu können, um Raum für Neues zu schaffen. Sie wollten das Alte behalten und haben ein paar neue Strukturen, Produktfunktionen oder Methoden wie jetzt gerade Design Thinking, Value Proposition Design oder Ähnliches hinzugefügt. Also noch mehr Entropie erzeugt… Starre ist der Tod jedes komplexen Systems.

HR sollte deshalb aus meiner Sicht auch sehr stark darauf schauen, wie es dabei unterstützen kann, das bis jetzt Erlernte kritisch zu hinterfragen und vor allem das „Verlernen“ der mittlerweile teilweise ungünstigen Verhaltensmuster zu unterstützen, in dem sie den Nährboden für diese Muster „zerstören“.
HR sollte dabei versuchen, das, was unter dem Klammerbegriff NewWork subsummiert wird, an sich selbst zu testen, Fehler zu machen, es zu (er)leben, Erfahrungen damit zu sammeln, um es vorleben zu können. Sonst wird HR immer mehr wie viele externe Beratungen, die Thema A oder B propagieren, aber diese nicht selbst bei sich anwenden… was dazu führt, dass man Konzepte und Methoden einführt, die dann nicht funktionieren, oder nur mit viel Aufwand, was das System weiter erstarren lässt.

Ich bin der Überzeugung, dass Organisationen dabei noch stärker auf Startups gucken sollten, um zu lernen, wie dort gearbeitet, gelernt und Neues entwickelt wird. Dort gibt es noch viele, „freie radikale“, die unvorbelastet Neues erschaffen. Natürlich werden sich auch in deren Vorhaben auf Dauer mehr Prozesse und Strukturen bilden. Es bleibt nur die Frage, in welchem Ausmaß

Abschließend möchte ich hier noch einen Artikel und ein Video einfügen, die für mich vieles, was teilweise noch lose und unverknüpft in meinem Kopf „herumgeflogen“ ist, und mit zu diesem wieder einmal viel zu langen Beitrag geführt hat, miteinander verbunden haben.

http://www.zukunftsinstitut.de/artikel/digitalisierung/mind-the-future-das-digitale-jetzt/

[embedyt] https://www.youtube.com/watch?v=a6fpg8gGdQM[/embedyt]

Social Learning im Kontext von „Agilität“, „digitaler Transformation“ und der „Lernenden Organisation“ hin zum „Arbeiten 4.0“ – The BIGGER picture

Könnte es sich bei Social Learning sogar um einen „enabler“ der im Titel genannten Schlagworte handeln?

Verfasst wurde der Artikel 2017 von Jan Foelsing.

Social Learning ist zu einem Thema geworden, das besonders durch die Transformation der Arbeit hin zur „Arbeit 4.0“ neuen Aufwind bekommen hat.

Trotzdem bleibt es für Personalentwickler, aber auch Lösungsanbieter ein schwer greifbares Thema. Wir versuchen es, mit diesem Artikel deshalb einmal etwas ganzheitlicher in seinem Kontext dazustellen.

Denn Social Learning, um dies vorwegzunehmen, stellt für uns einen wichtigen Baustein dar, um die agile und digitale Transformation in Unternehmen auf dem Weg zur „Arbeit 4.0“ zu ermöglichen.

Eins steht aus systemischer Sicht fest: Das Lösungssystem sollte mind. so komplex sein wie sein Problemsystem (Ashby’s Law – https://de.wikipedia.org/wiki/Ashbysches_Gesetz). Die „Problemsysteme“, also die Bedürfnisse unserer Kunden, liegen in einem stark vernetzten Umfeld. Dies hat zur Folge, dass auch die Anbieter von Lösungsansätzen sich intern wie extern stärker vernetzen müssen und die in den letzten Jahren errichteten internen Silos aufgebrochen werden müssen. Social Learning, was wir auch als Community Learning bezeichnen, stellt digital unterstützt eine gute Option dar, um genau diese Vernetzungsdichte zu erhöhen. Gepaart mit den Konzepten hinter den Schlagworten „Workplace Learning“, „Micro Learning“ und „Mobile Learning“ wird daraus ein Lösungsansatz, welcher für mehr Transparenz, hierarchieübergreifenden Austausch und mehr Kommunikation im Unternehmen, sorgen kann.

Doch die interne Vernetzung voranzutreiben, ist wahrlich kein leichtes Unterfangen. Denken wir nur an die unzähligen Wikis und Foren aus der Web 1.0 Zeit, die noch immer in Unternehmen vor sich hin „vegetieren“. Wir haben uns gefragt, woran dies liegen könnte und unsere Hypothese hierzu lautet: Lernen und Arbeiten hat sich, wie so vieles andere, in unterschiedlichen bzw. getrennten Systemen „entwickelt“. Seit der Schule sind wir es gewohnt, uns zum Lernen in ein Setting zu begeben, in dem wir von einem Lehrenden frontal „beschallt“ werden und nur noch „konsumieren“ müssen. Nachhaltiges Lernen funktioniert aber leider nicht, wie einen Film in Kino schauen. Zudem werden wir in Lernsettings immer „gerankt“, unsere Performance wird gemessen und wir werden mit den anderen Lernern verglichen. Das „Ich“ steht hier im Fokus. Für Arbeiten 4.0 und der damit einhergehende Wunsch nach mehr Agilität und Innovationskraft im Unternehmen tritt aber das „Wir“ immer stärker in den Vordergrund.

Klassische Lernsettings und das damit einhergehende, passivere Verhalten der Lernenden sind allerdings oftmals noch typisch für unser Schul- aber auch Personalentwicklungssystem und damit ein prägender Teil unserer Lernsozialisation. Von vielen Mitarbeitern werden vergleichbare Lernsettings dann auch im Arbeitskontext negativ mit Zwang und mitunter auch Langeweile verknüpft. Diese suboptimalen Assoziationen und Verhaltensmuster gilt es für uns aufzulösen.

Wir alle lernen zwar bereits viel vielfältiger und vernetzter, als wir glauben, doch ist dies den meisten Menschen nicht wirklich bewusst, da sie diese oftmals „privaten Lernsettings“ nicht mit „Lernen“ (in künstlichen bzw. klassischen Umgebungen) gleichsetzen. Lernen ist für viele somit noch ein passiver Prozess (anhören, ggf. auswendig lernen, wiedergeben, vergessen), der oftmals aus der Erfahrung heraus mit negativen Gefühlen assoziiert wurde. Doch wird nachhaltiges Lernen erst wirklich möglich, wenn die Lerner mit positiven Emotionen sich neues Wissen oder neue Fähigkeiten aneignen. Natürlich gibt es hier bereits viele Blended Learning Szenarien, in denen der reine Frontalunterricht bereits in Teilen aufgelöst wurde. Auch gibt es viele Trainings, bei denen man sehr praktisch mit Übungen arbeitet. In Lerntheorien gedacht weg vom Behaviorismus, hin zum Kognitivismus. Wobei man bei einem genaueren Blick feststellt, dass der behaviouristische Part oft einfach ins eLearning ausgelagert wurde, um Raum für kognitivistische Lernprozesse im Präsenztraining zu schaffen. Dies ist „evolutionär“ betrachtet auch bereits ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Doch für Social Learning und das damit eng verbundene Konzept der höheren Selbstverantwortung der Lerner reicht dies bei weitem noch nicht aus.

Social Learning ist vornehmlich auch ein Kultur- und Routinenthema.

Kultur auf 2 Ebenen:

Einmal auf Ebene der Unternehmen, die für die Rahmenbedingungen sorgen müssen, um das oftmals vorherrschende Silo-Denken aufzubrechen und gemeinsame und transparente Lernprozesse besser zu unterstützen. Aber auch die Lernkultur der Lernenden gilt es genauer zu betrachten. Diese sind die klassischen Settings gewohnt. Hier gilt es aus unserer Sicht vor allem, die Erwartungshaltungen in Bezug auf Lernen zu verändern. Den Begriff Lernen wieder positiv zu belegen und den Lernern klarzumachen, dass sie bereits in hohem Maße „Social Learning“ betreiben. Bis dato erfolgt dies allerdings hauptsächlich in privatem Kontext bspw. bei Hobbys, ohne dass dem Lernenden selbst bewusst wäre, dass er gerade lernt.

Wie viele Menschen lesen (Fach-)Artikel, gucken kurze Videos oder hören Podcasts über ihr Smartphone? Wie viele davon sprechen danach mit ihren Freunden oder Arbeitskollegen über Themen, die sie interessieren oder teilen Artikel z.B. über WhatsApp oder Facebook mit ihren Freunden? Wir lernen nahezu ununterbrochen und dies immer stärker „mobile“ und „social“. Nur wir verbinden dies nicht mit dem Begriff lernen. Diesen assoziieren wir ja bereits mit überspitzt formuliert dunkeln, bedrückenden Klassenräumen und schlechten Lehrern.

Routinen im Lernen:

Der Menschen als vielleicht das größte Gewohnheitstier dieses Planeten ist es, aus den unterschiedlichsten Kontexten bereits gewohnt, in abgeschotteten Silos zu agieren. Diese Routinen sitzen also bereits tief. In der Hirnforschung ist ja bereits klar bewiesen worden, dass unser Gehirn der Meister in Effizienz ist. Immer auf der Suche Energie zu sparen und anstrengende Tätigkeiten durch automatisierte Routinen zu ersetzen, um, ja genau, um Energie zu sparen. Und Lernen ist hier für die meisten Menschen mit der Routine verbunden: Hinsetzen, jemandem zuhören, etwas notieren, wiederholen, wiedergeben und die Inhalte dann in der operativen Hektik des Arbeitsalltags sofort wieder zu vergessen. Das Wissen verlässt das Silo „Lernen“ oftmals gar nicht und schafft es somit nicht in das Silo „Arbeiten“. Hier müssen wir aus unserer Sicht verstärkt ansetzen, um dieses Mindset zu verändern.

Vielleicht wäre auch ein guter, erster Schritt, wenn wir einfach die Personalentwicklungsmaßnahmen anders betiteln würden. Gar nicht mehr über Lernen reden, sondern uns auf die Errichtung einer „Wir“-Kultur konzentrieren, bei der es zum guten Ton gehört, Kollegen zu unterstützen und sich mit Ihnen auszutauschen. In der wir selbstverantwortlich dafür sorgen können, uns das nötige Wissen, die nötigen Fähigkeiten anzueignen, wenn wir dies benötigen. Dazu gehört es dann vor allem auch die Rolle der Führungskräfte zu verändern, das Silo-Denken durch neue Anreizsysteme / Kompensationssysteme und strukturelle Veränderungen aufzubrechen und die Rahmenbedingungen für einen Austausch zu verbessern. Hin zu einem Wir-Gefühl, welches z.B. einen starken Fokus auf die positive Unternehmensentwicklung legt. Um eine positive Entwicklung in Unternehmen zu unterstützen, bedarf es aus Elevation Labs Sicht folgender Komponenten:

(Lernen + Zusammenarbeiten + Kreativität + Verändern) * digitale Unterstützung = Innovation.

Doch sollten diese Begriffe aus unserer Sicht gar nicht mehr einzeln vorkommen. „Hallo lieber Mitarbeiter, wir machen jetzt ein Change/Transformations- Projekt, nachdem du verstärkt mit Menschen aus unterschiedlichen Abteilungen zusammenarbeiten musst, um neue Dinge zu lernen, damit wir innovativer werden und neue Lösungen kreieren können.“

Dies entspricht auch nicht der Denkweise von erfolgreichen Entrepreneuren. Von ihnen gilt es diesem Kontext aber zu lernen, um die eigene Lern- und damit auch Veränderungs- und Innovationskraft wieder zu stärken. Entrepreneure haben laut aktueller Forschung dazu zuerst „nur“ eine Vision oder zumindest eine Idee, wo es hingehen soll und agieren dann viel stärker in inkrementellen, mittel- und netzwerkorientierten Schritten, um sich der Vision zu nähern. Wer das Ziel direkt zu fest definiert, sieht oft nicht mehr die Möglichkeiten, die sich auf dem Weg zu neuen Lösungen ergeben. Bekannt geworden sind diese wissenschaftlich untersuchten Stärken von erfolgreichen Lösungsentwicklern/Entrepreneuren unter dem Schlagwort Effectuation.

Effectuation geht zudem davon aus, dass unternehmerisches Handeln erlernbar ist.

Und wir sind der Meinung, dass nachhaltiges Lernen stark an soziale Prozesse (Austausch) gekoppelt ist.

Entrepreneure suchen sich das Wissen, welches sie benötigen, selbst und lernen dabei dauernd im und mit ihrem Netzwerk (Lerntheorien: Konstruktivismus und Konnektivismus), ohne dass dies so betitelt wurde. Dabei arbeiten sie mit vielen unterschiedlichen Parteien daran, ihrer Vision näherzukommen. Dieses Mindset benötigen wir aus unserer Sicht auch im Unternehmenskontext. Die Vision ist hier das zentrale Element. Wenn man es schafft seine Mitarbeiter dafür zu begeistern, werden Change, Lernen und Innovieren schon fast automatisch passieren. Natürlich nur, wenn man die Rahmenbedingungen dafür gesetzt hat, ohne zu überreglementierten, wie dies in den letzten Dekaden aus dem Wunsch der Effizienzsteigerung oft in Firmen geschehen ist. Ein schönes Beispiel ist hier das Stage-Gate-Modell im Innovationsmanagement. Man Innovationen auch „tod-regulieren“. Der Blick muss wieder nach außen gehen. Unternehmen haben sich in den letzten Jahren immer mehr vom Kunden abgewendet, um sich um ihre internen Prozesse und die völlige Messbarkeit von allem zu kümmern, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Jetzt gilt es den Fokus wieder auf die Mitarbeiter und Kunden zu legen, um hier neue Potenziale heben zu können. Dies schreit aus unserer Sicht förmlich nach kleineren, mobileren, flexibleren Angeboten, die sich an den Bedürfnissen der Belegschaft im „moment of need“ orientieren. Rahmenbedingungen die es jedem ermöglichen sich das Wissen anzueignen, das gerade benötigt wird. Micro Content sowie Micro Trainings werden hierbei en vogue. Hierzu zählen wir auch Methoden wie BarCamps, World-Cafés, Quick-Win-Sessions, Design Sprint Sessions, „working out loud“ circles und kollegiale Intervisionen (Peer-Coaching), die in diesem Kontext gut genutzt werden können. Das selbstgesteuerte Lernen gewinnt damit an Bedeutung, was auch die Eigenverantwortung des Lernenden selbst betont (Stichwort: Employability). Wer aber nun diese sozialen und damit komplexen Prozesse genau auf ihre Wirksamkeit messen will, denkt aus unserer Sicht noch im mittlerweile überholten System (Siehe dazu z.B.: http://www.europeanbusinessreview.com/learn-or-die-every-business-will-be-in-the-business-of-learning/).

„Every Business will be in the Learning- / People Business in the next decades.“

Auf das Thema Social Learning bezogen heißt dies, dass wir es nicht so benennen sollten. Das generell die Lernprozesse nicht so genannt werden sollten, um die oftmals negativen Assoziationen mit dem Thema aufzulösen. Im Endeffekt geht es aus Sicht der Organisation um eine positive Unternehmensentwicklung. Natürlich kann man hier jetzt weiter versuchen dies durch genau Zielvorgaben auf Individualebene zu steuern und durch genaue Regeln/Vorgaben, die effizientesten Prozesse zu implementieren. Aber das heißt nicht, dass diese dann auch effektiv sind. Diesen Unterschied sollte man sich hier noch einmal bewusst machen. Es reicht nicht aus, etwas äußerst effizient zu machen, wenn es nicht effektiv ist. Im Gegenteil, wir sehen dabei sogar einen sehr großen Denkfehler. Je mehr wir alles vorgeben, steuern, strukturieren und auf Effizienz „trimmen“, umso mehr geraten die in diesem System arbeitenden Individuen in eine Art Trance. Sie funktionieren dann nur noch genau so, wie die Struktur es ihnen vorschreibt. Genau das war auch lange Zeit im Rahmen der Industrialisierung sinnvoll und gewünscht, aber heute haben sich der Unternehmenskontext so stark geändert, dass dieses Vorgehen nicht mehr langfristig zum Erfolg führen wird. Natürlich kann es noch Nischenmärkte geben, wo dies noch passt, aber viele Märkte haben sich bereits gewandelt. Die „Ressource“ Mensch, die im Rahmen der Industrialisierung auch oftmals „maschinisiert“ wurde, muss wieder menschlich werden. Herr Sattelberber (unter anderem ehemaliger Personalvorstand der Deutschen Telekom) z.B. sprach auf der diesjährigen Zukunft Personal darüber, dass Unternehmen wieder ein Herz bekommen müssten. Menschen müssten Fehler machen dürfen und Freiräume haben, um sich entwickeln zu können. Nur so würden Unternehmen in Zukunft innovativ bleiben bzw. es wieder werden.

Ansonsten glauben wir, dass wir in den nächsten Jahren viele große Konzerne zerfallen sehen werden, da kleine, schnellere, „agilere“ Startups die Märkte übernehmen, da diese nach den „neuen“ oder besser „gerade wieder kommenden“, agileren Vorgehensweisen handeln. Wie eine Art Rückbesinnung, auf das, was wir eh schon lange gemacht haben, doch z.B. im schulischen- aber auch im Corporate Kontext in den letzten Dekaden oftmals wieder abtrainiert bekommen haben.

Wie kann diese notwendige Transformation von mittleren und größeren Organisationen jetzt aber durch so etwas wie Social Learning unterstützt werden?
Wir sehen darin nämlich sogar einen der „Enabler“ zur Änderung von Unternehmenskulturen weg vom Ich-Individuum hin zu einem gemeinsamen Wir.

Die drei Grundbedürfnisse von Menschen in unserer Zeit sind aus unserer Sicht Zugehörigkeit, Anerkennung und eine positive (stabile) Zukunftsperspektive. Die Maschinisierung der Ressource Mensch hat dazu geführt, dass das Zugehörigkeitsgefühl sich nicht mehr stark auf das Unternehmenssystem bezieht. Wenn es gut läuft und der einzelne Mitarbeiter einen „guten“ Chef hat, kann es in einzelnen Abteilungen und Gruppen auf der Meso-Ebene von Unternehmen dieses Zugehörigkeitsgefühl noch geben. Aber auf der Macro-Ebene ist dies oftmals nicht mehr der Fall. Auch die Anerkennung wird oftmals nur noch mit Karrierestufe, Gehaltshöhe und wenn es gut läuft einmal jährlich im Zielgespräch durch ein Lob des Chefs, gleichgesetzt. Anerkennung ist aber eng mit Zugehörigkeit verbunden. Wenn ich mich nicht zugehörig fühle, dann nehme ich auch Anerkennung anders wahr. Wenn ich keine Anerkennung erhalte, fühle ich mich weniger zugehörig. So kam es aus unserer Sicht dazu, dass viele Mitarbeiter einfach nur noch „funktionieren“. Für die Zukunftsfähigkeit einer Organisation reicht dies aber in Zeiten von globalisierten Märkten und Crowdfunding-Plattformen, auf denen z.B. ehemalige Kunden anfangen, die Produkte, die sie sich wünschen, einfach selbst zu entwickeln, nicht mehr aus. Prototyping und 3D-Druck sind hier wahre Booster dieser neuen Bewegung. Und es wird in Zukunft noch schneller und vernetzter zugehen. Das Internet der Dinge steht in den Startlöchern und wird zu einer unbeschreiblichen Vernetzung von jedem mit allem führen.

Durch Social Learning Tools können neue Räume für ein Wir-Gefühl geschaffen werden. Menschen können sich hier ohne „Geheimnisse“ und zurzeit noch vorherrschender Intransparenz austauschen und Anerkennung durch die Community erfahren. Social Learning kann also dazu beitragen, das Zugehörigkeits- und Anerkennungsgefühl zu stärken.

Doch was ist für eine Social Learning- / Community-Kultur aus technischer Sicht nötig?

Für uns bedarf es einer Lösung, die mobil ist und bei der sich die Mitarbeiter frei von Hierarchien austauschen können. Ein Tool, welches Anerkennungsmechanismen bietet, wie wir diese von Twitter, Instagram und Facebook gewohnt sind. Also ein Sehen und Gesehen-werden ermöglicht.

Aus unserer Sicht spielt für das Konzept „Social Learning“ (= Lernende Organisation 4.0!??) die Führungskraft und die intern vorherrschenden Rahmenbedingungen sowie die 90/09/01 Regel eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, eine stetig lernende „Wir-Kultur“ zu ermöglichen. Z.B. können kürzere Feedbackgesprächszyklen wie beispielsweise aus dem „Kata Coaching“ bekannt (Kata-Coaching ist für uns der Lean-Kultur Enabler hinter den Methoden) sinnvoll sein. Dabei sollte Wert darauf gelegt werden, wie aktiv der Mitarbeiter in der Community war. Engagement auch explizit zu loben bzw. transparent zu machen sehen wir als eine geeignete Maßnahme. Der Austausch und das „Wir“ sollte dabei im Fokus stehen. Die Begriffe Lernen und Innovation muss man aus unserer Sicht hier nicht explizit ansprechen. Sie sind vielmehr eine Konsequenz aus dem Austausch. Alle Bedürfnisse, die in diesen Netzwerken „laut“/„sichtbar“ werden, können zudem als Basis für weiterführende Personalentwicklungsmaßnahmen dienen. Die Mitarbeiter bestimmen hierbei somit verstärkt selbst das Angebot. Natürlich sollte man dabei schauen, dass die Unternehmensvision auch bei höherer Selbstverantwortung der Mitarbeiter weiterhin unterstützt wird. Falls die Mitarbeiter sich aber zugehörig fühlen und die Vision zu ihrer gemacht haben, bedarf es dieser „Kontrolle“ bzw. „Steuerung“ aus unserer Sicht nicht mehr. Social Learning kann somit auch als Kulturbarometer der Organisation genutzt werden.

Allerdings sollte klar sein, dass nicht alle Mitarbeiter aktive Community-Mitglieder sein werden. Die 90/09/01 Regel sagt aus, dass 90% rein konsumieren (zumindest auf der digital ersichtlichen Ebene. Was davon informell und auf persönlicher Ebene in zumeist Kleingruppen geteilt wird, ist hier nicht berücksichtigt. Diese Effekte sollten aber auch nicht unterschätzt werden), 9% sind teilweise aktiv, um Inhalte zu teilen, zu bewerten oder zu kommentieren und 1% sind die Menschen, die sich wirklich aktiv und mit viel Herzblut engagieren. Sie sind die Ersten, die gefunden und unterstützt werden müssen. Sie sind der Antrieb von Communitys und damit der Motor der internen Entwicklung. Diese Personen wertzuschätzen und sichtbar zu machen, kann Wunder für Ihre informellen Lernprozesse und die interne Vernetzung Ihrer Mitarbeiter bewirken. Z.B. könnten Sie bei der nächsten Betriebsfeier, in der Mitarbeiterzeitschrift oder dem Intranet die Top 10 der aktivsten Community-Members prämieren. Ziel ist es herbei die 1% auf 5-10% anwachsen zu lassen. Die 9%, mit deren sporadischen Aktivitäten sind als Nächstes aufzufinden und weiter zu aktivieren. Persönliche Ansprache, Wertschätzung und Angebote der Unterstützung sind hierfür geeignete Maßnahmen. Wenn man eine kritische Masse von über 25% an aktiven Usern erreicht hat, wird ein Großteil des Rests folgen. Dieses Prinzip ist beispielsweise aus dem Innovationsmanagement bereits hinlänglich bekannt (https://en.wikipedia.org/wiki/Diffusion_of_innovations). 100% aktive Mitarbeiter wird man nicht erreichen, aber dies ist auch nicht notwendigerweise anzustreben.

Auf HR-Ebene geht es darum die Führungskräfte auf ihre neue Rolle vorzubereiten, die Performance-Messmechanismen und Incentives vom Individuum auf Teams und die Gesamtorganisation zu fokussieren. Die digitalen Tools für einen Austausch bereitzustellen und auch zeitlich Raum für diese extrem wichtigen sozialen Prozesse zu ermöglichen. Social Learning, welches wir lieber rein als „Community“ oder „collaborative Minds“ (CoMinds©) bezeichnen würden, wird somit zu einer Stellschraube, um die Rahmenbedingungen für eine positive Unternehmenskultur bestmöglich auszugestalten.

Zu diesem Community-Ansatz gehören für uns auch die oben bereits erwähnten Konzepte / Methoden wie Kollegiale Intervision / Fallberatung bzw. Peer-Coaching, Design Sprint Sessions, „working out loud“ circles und Reverse Mentoring, um auch technisch weniger affine Mitarbeiter abzuholen. Dazu noch ein Community-Manager, den wir lieber als beispielsweise „Kulturgärtner“ bezeichnen würden, da man Communitys nicht wirklich managen kann. Wir sind überzeugt, dass Begrifflichkeiten hier auch eine zentrale Rolle spielen, um die damit bewusst aber auch unterbewusst assoziierten Inhalte auflösen und neu sowie freier definieren zu können.

Abschließend möchten wir noch herausstellen, dass es enorm wichtig ist, die Bedürfnisse der zu kreierenden Communitys zu kennen. Hier gilt das gleiche Prinzip wie für Kunden. Im Lean Startup als Customer Development bezeichnet, wäre es hier Community Development. Content ist King – das steht fest. Es ist enorm wichtig, dass die geteilten Inhalte in einer Community eine gute Qualität haben. Dies bedeutet aber nicht, dass man High-End Videos produzieren muss oder alles in 3 Stufen qualitätssichern oder dergleichen. Hier haben wir festgestellt, dass authentische Inhalte von authentischen Menschen am besten wirken. Hinzu kommt unsere Hypothese, dass Content zwar King ist, aber die Bedürfnisse der Content-Nutzer zu kennen „Kaiser“.

Nur mit den passenden Inhalten, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Nutzer, kann eine Community langfristig enorme Mehrwerte für jede Organisation bieten. Davon sind wir zu 100% überzeugt.

Es ist und bleibt ein schwieriges und komplexes Thema, in welches, wie in jedem sozialen System, viele Faktoren hineinspielen. Die zu erreichenden Mehrwerte wie z.B. mehr Zusammenhalt, ein größeres Wir-Gefühl, einen höheren Austausch, eine höhere Vernetzung in der Organisation und die damit für uns einhergehende Stärkung der Innovationskraft sind aber aus unserer Sicht so erstrebenswert und in unserem momentan vorherrschenden Systemkontext so wichtig für zukünftigen Erfolg, dass man diese hohe Komplexität menschlicher Interaktionen die, die Kultur einer Organisation bilden, engagiert angehen sollte.

Je mehr wir darüber nachdenken, umso mehr wird uns bewusst, dass Arbeiten 4.0 und Social Learning das Thema der Lernenden Organisation (https://de.wikipedia.org/wiki/Lernende_Organisation) wieder aufgreift bzw. eine Lernende Organisation evtl. sogar erst wirklich ermöglicht. Man könnte also sagen: Wir sind auf dem Weg zur Lernenden Organisation 4.0.

Gerne würden wir jetzt noch das Konzept der Lernenden Organisation mit dem Spiral Dynamics Framework, den Themen Social Learning sowie Unternehmenskultur zusammenführen, aber das heben wir uns für einen anderen Blogbeitrag auf. Genug der schweren Kost ist genug.

Wir hoffen, dass wir Sie (trotz des großen Umfangs des Artikels) zum Nachdenken anregen konnten.

Die Zukunft der Unternehmen

Wo könnten sich Unternehmen organisatorisch in Zukunft hinentwicklen?

Was passiert zurzeit in unserer Umwelt?
Das sind die Fragen, denen ich in diesem Post mal etwas näher betrachten möchte.
Verfasst wurde der Artikel 2016 von Jan Foelsing.
Ich habe, wie wahrscheinlich auch Sie, das Gefühl, dass alles um uns herum schneller, vernetzter und dabei noch kurzweiliger wird. Die Welt wird immer mehr zu einem globalen Dorf.
Die Auswirkungen dieser neuen Umweltbedingungen auf Organisationen sind dabei viel größer, als dies zuerst scheint. Unter dem „Deckmantel“ von Begriffen wie NewWork, Arbeiten 4.0,… schwappt zurzeit eine riesige Veränderungswelle in die Unternehmen. Ich sehe hierbei das Problem, dass die Firmen zwar viel anstoßen und die Notwendigkeit von Veränderung teilweise klar erkennen. Die tatsächlichen Anstrengungen sich aber zumeist mehr auf die Arbeit samt deren Prozesse und Strukturen fokussieren und das eigentliche Thema der kulturellen Veränderung, die auch durch die gesellschaftliche Veränderung verstärkt wird, nicht betrachten. Zur gesellschaftlichen Veränderung werde ich demnächst noch einen Artikel mit Bezug auf das Spiral Dynamics Modell veröffentlichen, da ich dieses Thema für essenziell für eine mögliche Zukunftsausrichtung von Organisationen halte.
Es wird oftmals versucht, mit allhergebrachten Methoden und Modellen das Unternehmen langsam an die neue Marktdynamik zu „gewöhnen“, doch der wartet nicht… Unternehmen, die auch in Zukunft am Markt bestehen wollen, müssen hier, aus meiner Sicht, viel radikaler und tiefgreifender zu Werke gehen, um agiler (es tut mir leid, dass dieser Begriff so oft fällt. Ich kann ihn auch schon nicht mehr hören) zu werden. Dazu muss die Vernetzungsdichte in den Unternehmen drastisch erhöht werden. Intern sowie nach außen. Eine Öffnung nach außen und eine Rückbesinnung auf die Kunden stehen dabei im Fokus. Das Lösungssystem (Unternehmen), muss mind. so komplex sein wie das Problemsystem (Markt), sagt bereits Ashby’s Law aus. Um dies zu erreichen, spielen im momentanen Kontext agile Methoden wie Effectuation, Desgin Thinking, die Business Model Canvas oder das Blue Ocean Framework eine immer wichtigere Rolle, um sich ständig verändernden Umweltbedingungen schneller anpassen zu können. Aus „survival of the fittest“ wird „survival of the quickest“.
Um die Vernetzung auch intern zu erhöhen und zu fördern, bedarf es auch neuer, digitaler Unterstützer.
Diese Tools firmieren unter vielen Begriffen. Social Collaboration, Social Intranet, Enterprise Social Network, Enterprise 2.0, Arbeiten 4.0, Projektmanagement Plattformen,… Tools wie Trello, Stackfield, Mondays, Slack, Coyo und Jira. Und täglich kommen neue hinzu! Ein digitaler Tool-Jungel tut sich hierbei für viele Firmen auf.
Ein kleiner Tipp: Vorsicht vor „Web 1.0 Tools“! Ihre Mitarbeiter:innen sind von ihrem privaten Gebrauch sehr hübsche und gut durchdachte Apps gewohnt. Diese sollten im Arbeitsumfeld mindestens genauso gut und leicht zu bedienen sein, wie Ihre Mitarbeiter:innen dies auch aus dem privaten Umfeld gewohnt sind. Sonst wird es keine Akzeptanz für die technische Unterstützung geben. Design und Usability geht hier für mich ganz klar über zu viele Funktionen, Integrationen und Strukturen. Die detaillierteste Software hilft nichts, wenn sie keiner nutzen will. 😉
Die interne Erhöhung der Vernetzung führt auch dazu, dass viele, früher künstlich getrennte Unternehmensbereiche immer mehr verschmelzen. Neue Lösungen entstehen immer öfter an den Schnittstellen zwischen den verschiedenen Fachbereichen. Und dies ist auch gut so. Was zu Zeiten der Industrialisierung eine prima Sache war, wird immer mehr zu einer Unternehmens-gefährdenden Hürde. Das Fachbereichs- bzw. Silo-Denken gilt so schnell wie möglich aufzubrechen und immer stärker in interdisziplinären Projekt-Teams zusammenzuarbeiten. Hier können wir, zusätzlich zu den agilen Methoden, die es hierbei einzuführen gilt, noch die Ausführungen von John P. Kotter zum „Dual Operatig System“ empfehlen. Wir sehen dies vor allem im Bereich Corporate Innovation / Corporate Entrepreneurship als eine sehr gute Lösung an und nennen es Dual Organization. Das Themenfeld Holacracy sollte man sich hierbei auch etwas genauer anschauen.
Das Aufbrechen der Silos gilt vor allem auch für den Bereich Lernen / Personalentwicklung. Das Silo-Denken von einem Silo in dem gelernt wird und einem in dem gearbeitet wird, ist nicht mehr angebracht. Sogar kontraproduktiv. Es kostet Zeit und Geld und der Lernerfolg ist einfach zu gering. Hier muss das Lernen viel mehr mit dem täglichen Arbeitsprozess verschmelzen. Neudeutsch „kompetenzorientiertes Workplace Learning“. Die Lernverantwortung liegt dabei immer stärker beim Individuum. Trainingskataloge zu füllen ist nicht mehr zeitgemäß und schon gar nicht zielführend. Es können Angebote gemacht werden, wenn der Mitarbeiter nachfragt. Sonst sollte sich der Mitarbeiter ein Training, was es natürlich auch noch geben wird, aber viel weniger und kürzer (Micro Training) und immer als anwendungsorientiertes Blended Learning Szenario, selbstständig auswählen können. Die Personalentwicklung kann nicht für alle Jobrollen immer auf dem neusten Stand sein, um passende Angebote zur Weiterentwicklung der Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, da sich auch hier das Rad wesentlich schneller dreht, als dies früher der Fall war. Auch Kurse über openHPI, Udacity, Coursera, LinkedIn Learning oder iversity sollten hier z.B. nutzbar gemacht werden. Motivierte Lerner werden sich schon ein gutes Training heraussuchen. Das muss man diesen nicht vorkauen und reglementieren. Bei firmenspezifischen Trainings zu Prozessen und Software wird hier natürlich noch anders vorgegangen. Das Grundcredo lautet ganz einfach „weniger vorgeben, ist mehr“. Mehr Freiheit und damit auch mehr selbstverantwortliche Weiterentwicklung. Als Personalentwickler wird man viel mehr zu einem Coach für lernreflexsive Maßnahmen oder eine Art SCRUM Master, dessen Aufgabe es ist, die Hindernisse auf dem Weg, hier zum Lernziel der Mitarbeiter, zu beseitigen. Ad-hoc Web-Coachings, Project-based Learning oder Reverse Mentoring sowie kollegiale Intervisionen sind hier sehr interessante Methoden.
In einer digitalisierten Welt stellt sich die Frage, ob mit oder ohne technische Unterstützung nicht mehr. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie man seine Zusammenarbeit und sein Lernen sinnvoll digital unterstützen kann. Hier spielt eine durchdachte Didaktik des Lernsettings eine wichtige Rolle.
Ein Beispiel eines modernen Lernszenarios finden Sie zurzeit noch öffentlich zugänglich unter: Pete der Projektleiter.
Es ist eine tolle Zeit, in der die technischen und gesellschaftlichen Bedingungen endlich so weit sind, um digitale Unterstützer wirklich zu einem Mehrwert für eine bessere Zusammenarbeit und ein besseres Lernen werden zu lassen.