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Das Berater Dilemma Part 2 – Die Zeit der Zukunftsarchitekten ist gekommen.

Die Zeit der Zukunftsgestalter ist gekommen…

…oder nicht? Wo liegen die Schwierigkeiten in unserem Rollenverständnis des Zukunfts- / Rahmengestalters?
Ist die Zeit wirklich reif für die „Un- / Anti-Berater“?
Werden kreative Hofnarren, oder wie Gunter Dueck sagen würde „Wild Ducks“ (Querdenker) mittlerweile in Firmen „geduldet“ oder ist der Drang nach Konformität aka „Prozesshörigkeit“ noch vorherrschend?
Das Dilemma liegt aus meiner Sicht in der Wechselwirkung zwischen dem Berater- und dem Auftraggeber- /Klientensystem.
Firmen suchen nach Beratern, die alles wissen, die alles können, die immer die Lösung am Besten gleich mit im Gepäck haben.
Man will ja auch nicht zu viel zahlen. Es muss schnell gehen. Es wird eben nach „echten Experten“ gesucht, die einem die Entscheidungen abnehmen können, oder im Fall eines Misserfolgs als Sündenbock dienen können.
Auch sollten die Beratungsergebnisse doch am Besten so sein, dass diese zu den eigenen Vorstellungen und Ideen passen. Bloß keine Experimente, da diese schnell schief gehen könnten. Hier kommen wir in die ungünstige 0-Fehler-Kultur, die wir gerade im deutschsprachigen Raum so gut beherrschen. Die aber für neue Lösungen, Lernen, Veränderungen eher kontraproduktiv ist. Fehler führen dazu, dass man nicht befördert wird. Also macht man das, was am ehesten funktioniert, was zumeist inkrementelle Verbesserungen des vorhandenen sind. Auch wenn das Vorhandene evtl. garnicht mehr zur Umwelt passt. Hauptsache man erreicht seine vorgegeben Ziele. Fehler machen ist dabei besonders für Berater ein no go. Dadurch würden diese ja ihre Berechtigung verlieren, für hohe Tagessätze ihren „Wissensschatz“ preiszugeben. Fehlerhafter Wissensschatz, wer will schon dafür bezahlen!? Also konzentriert man sich darauf, das zu liefern, was der Kunde eh schon im Kopf hat, was nicht allzu „neumodisch“ ist, da dabei auch das Risiko steigt, einmal daneben zu liegen.
Hinzu kommt, dass um Aufträge zu erhalten der Wunsch des Kunden nach der eierlegenden Wollmilchsau auf Seiten der Beraterzunft dazu geführt, dass der Satz „If you can’t make it, fake it“ (until you make it) zu einer echten Grundausrichtung geworden ist. Glaubt mir, ich war Mitarbeiter in international bekannten Consulting Companies und habe viele Bekannte die in diesem Bereich tätig sind und das Bild zeichnet sich überall wie beschrieben. Das Credo ist überall das Gleiche. Jeder kann immer alles. Nicht nur, weil man sich als Berater auch als etwas „besonderes fühlt“, da man einen der begehrtesten Jobs überhaupt ergattern konnte und damit „automatisch mehr kann als Andere“, sondern auch, weil die Firmen/Auftraggeber dies ja so fordern. Diese Attitude möchte ich gerne ablegen. Und zu einer neuen, wirklichen Partnerschaft weiterentwickeln.
Wenn ich früher gesagt hätte: „Warten Sie, ich kann das noch nicht wirklich was Sie von mir wollen, aber ich kann es mir bestimmt aneignen bzw. jemanden mit an Board holen, der hier unterstützen kann, so dass wir gemeinsam eine neue Lösung für Ihre Herausforderung finden“, hätte ich 0 Aufträge bekommen. Mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Aufstiegsmöglichkeiten bei der jeweiligen Beratungsfirma. Dort steigt man nämlich auf, wenn man eine hohe Auslastung hat. Also oft vom Kunden gebucht wird und der interne Berater Business Case sich positive gestaltet. Also versucht man als Berater den „Fuß in die Tür“ einer Organisation zu bekommen und das Geschäft dort auszubauen, da dies das übliche Geschäftsmodell von Beratungen darstellt.
Auch lebt man als klassischer Berater von Folgeaufträgen. Akquise ist sehr aufwendig, also versucht man das vorhandene auszubauen. Gleich die ganze Lösung perfekt „auszuliefern“, wäre da nicht ideal für das eigene Geschäftsmodell. So kann es auch einmal passieren, dass man bereits weiß, dass die angeratenen Maßnahmen, z.B. in diesem spezifischen Kontext, nicht zum gewünschten Ergebnis führen werden, aber die Tür für weitere Folgeaufträge öffnen.
Hätte ich bei Kunden gesagt, dass ich nicht alles kann, wäre ein Anderer gekommen und hätte genau das gesagt, was der Kunde hören will. Ob er es dann wirklich auch leisten kann, steht dabei auf einem anderen Zettel. Also kann und weiß man eben alles. Die Chance sich das notwendige Wissen anzueignen oder die Experimenten entstehenden Fehler auf andere zu schieben, besteht ja noch zu genüge…
Eine Wechselwirkung derer wir uns bewusst werden sollten, um diese aufbrechen und ändern zu können.
Denn wem hilft dieses Konstrukt zwischen Berater und Auftraggeber in welches man sich momentan „eingegroovt“ hat etwas? Mir persönlich nicht, da dies nicht mit meinen Werten vereinbar ist und dem Kunden auch nicht, da er glaubt er hat die „eierlegende Wollmilchsau“ eingekauft und dann liefert der Berater auch nur Konzepte aus der Vergangenheit… Oder Konzepte die in der Praxis nicht nutzbar sind bzw. nicht angenommen werden. Dies kann man dann immer noch leicht auf die Kultur bzw. die Nutzer schieben…

Ein mögliches Zielbild

Ein Zukunftsgestalter, oder auch Framework Designer versucht seltener alte Lösungen auf neue Probleme zu münzen, sondern weiß, dass in einem vernetzten System die Wechselwirkungen immer zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Aus diesem Grund muss die Vorgehensweise agiler, kleinteiliger sein und bedarf mehrerer Iterationen gepaart mit Beobachtungsphasen wie das System und seine Umwelt auf die Veränderung reagiert. Man könnte es auch Tests nennen, die oft noch fehlerbehaftet sind. Im Kontext von komplexen Problemen ist dies, aus meiner Sicht, die zurzeit bessere Vorgehensweise, denn (Experten)Wissen war Macht. Dies stellt aber keinen Mehrwert mehr da. Ein Kontext- und Komplexitätsverständnis mit der Fähigkeit unterschiedliche Systeme mit einer „freieren / externen Brille“ als diese zu betrachten und gemeinsam, schrittweise neue Lösungen zu entwickeln, wird in Zukunft unabdingbar.
Dazu gehört auch ein gemeinsames Ausprobieren und Zugeben können von „Nichtwissen“, ein Zulassen von gemeinsamen „Fehlerräumen“ oder besser Lernräumen, ohne das „blame game“ zu spielen. Eben echt echt, ganz echt partnerschaftlich zusammenzuarbeiten. Heutzutage würde man wohl sagen „auf Augenhöhe“. Dann finde ich, können wir dieses in Schieflage geratene Berater-/Klientensystem zusammen wieder sinnvoll nutzen. Das würde ich mir zumindest wünschen. 🙂

Das Berater Dilemma Part 1 – Berater oder nicht Berater, das ist hier die Frage! 

Ich, Jan Foelsing, will kein Berater sein. Doch warum?

Berater müssen alles wissen. Oder müssen zumindest so tun, als wüssten sie alles. Ich gehe aber davon aus, dass ich nicht alles weiß und, dass ich dies nie tun werde. Zu schnell verändert sich unsere Umwelt. Konstant und mit zunehmender Geschwindigkeit. Willkommen in der Netzwerkgesellschaft aka VUCA-World.

Auch bei Experten handelt es sich um Menschen, die in einem Bereich viel Erfahrung haben. Das ist doch super, könnte man denken. Das Land braucht mehr super schlaue Experten. Doch deren Wissen und deren Erfahrungen beruhen auf der Vergangenheit.
Der Kontext ist allerdings enorm wichtig.
Eine Lösung kann in Kontext A wunderbar Funktionieren, aber wenn sich die Rahmenbedingungen ändern und das vermeintliche Expertenwissen in Kontext B angewendet wird, kann es zu völlig falschen Ergebnissen führen. Jetzt meint man, ja, aber als Experte weiß man das ja und passt es dann an. Diese Fähigkeit besitzen aus meiner Sicht aber nur die wenigsten. Wir sind eben doch noch sehr stark Gewohnheitstiere.
Besonders im Beratungskontext werden die erarbeiteten „Wissenskonserven“ noch zu gerne so oft wie möglich wiederverwendet, um auch möglichst effizient zu sein. Dies ist Teil des systembedingten Geschäftsmodells der Berater-Gilde.
Wenn man denkt bzw. vorgelebt bekommt, dass man als Berater für alles die Lösung mit dabei hat, sind dies für mich nicht wirklich hilfreiche Kompetenzen.
Benötigt werden aus meiner Sicht viel mehr Visionäre, Entrepreneure, Seher, Träumer, Spinner. Nur sie bringen einen aufs nächste Level.
Berater haben zudem die systembedingte Eigenart auch Aufträge anzunehmen, die sie für nicht wirklich Zielführend für den Kunden ansehen. „Ich weiß schon, dass das nicht funktionieren wird, aber wenn ich mich richtig positioniere und das suboptimale Ergebnis nicht auf mich zurückfällt, bekomme ich auch gleich noch den Folgeauftrag…“
Viele Berater glauben auch von sich selbst, dass sie alles wissen da dies ihnen ab Jobstart „eingeimpft“ wird. Als Berater gehört man ja auch zur „Odkotür“ der Wissensträger. Aber genau diese „Einbildung“ erachte ich in der heutigen Zeit sogar für gefährlich. Im Rahmen der Industrialisierung bei sich nur langsam ändernden Rahmenbedingungen und Wissensinhalten war dies eine durchaus sinnvolle und hilfreiche Vorgehensweise.
Zu schnell ändern sich aber mittlerweile die Rahmenbedingungen und Wissensstände in unserer vernetzten Welt. Zu schnell funktioniert das, was bisher als „Best Practice“ (was nichts anderes als ein Blick in die Vergangenheit darstellt) angesehen wurde, nicht mehr. Man berät also mit Lösungen aus der Vergangenheit. Mit derartigen Denkmustern und Verhaltensweisen fällt es dementsprechend schwerer loszulassen, sich zu verändern, neue Lösungen zu sehen, zu konzipieren und nutzbar machen zu können.
Aber genau das sollte unser Anspruch sein. „Stay open, stay foolish“ heißt hierbei ein für mich passenderes, halb von Steve Jobs geborgtes, Selbstbild.
Ein reales Beispiel (ca. 2016): Ein mittelständisches, international tätiges Unternehmen, möchte innovativer werden, da die Konkurrenz global ansteigt und sich dies auch auf ihre Märkte auswirkt. Es wird ein Berater engagiert, der in diesem Fall auch als Workshop-Moderator dienen soll. Das Ziel des Kunden heißt Einführung eines Stage-Gate Modells zur Verbesserung des Innovations Managements. Und schwupp werden 2-3 Workshops durchgeführt bei denen der Berater ca. 5.000-8.000€ verdient. Das Ziel ein Stage-Gate Modell zu entwicklen wird erreicht.
Bloß nicht das Ziel hinterfragen, sondern es einfach erreichen, heißt hierbei oft das Motto. Der Berater weiß allerdings, dass solch umfangreich strukturierte Prozesse ein Killer für Innovationen sind. Aber dies hebt man sich lieber für einen Folgeauftrag auf…
In dem Workshop wurde von mir, in der Rolle eines Assistenten, einmal angemerkt, dass man bei Innovationsprozessen die potenziellen Kunden doch immer soweit wie möglich einbinden sollte. Nachdem der Auftraggeber dies mit fragendem Blick zurückwies, wurde weiter im Takt verfahren… Es wurde das getan, was der Kunde schon so ca. im Kopf hatte. Hauptsache der Kunde ist danach zufrieden. Das ist er am ehesten, wenn man seine Sprache spricht und seine Idee aufnimmt und diese noch leicht ausschmückt. Also mit etwas von seinem „Expertenwissen“, aus anderen, vergangenen Projekten, anreichert.
Die neuen, und in unserem Umfeld zurzeit passenderen Methoden aus dem Lean Startup Bereich wurden in unserem Fall einfach nicht angesprochen. Daraus könnte dann ja noch ein Folgeauftrag entstehen, wenn das Stage-Gate Modell nicht angenommen wird bzw. nicht zu mehr Innovationen / neuen Produkten führt… 😉 Aber zuerst müssen noch alle Gate-Keeper Dokumente ausgearbeitet werden. Da sind bestimmt 5-10 Beratertage drin… Und der neue Prozess muss auch noch implementiert werden… Ein Fest!
Generell sehe ich ein Problem darin, dass Wiederworte und den „Finger in die Wunde legen“ vom Auftraggeber zumeist doch eher unerwünscht sind.
Zudem hat man als Berater angst, danach keine Aufträge mehr zu bekommen, da man zu oft widersprochen hat. Dienen anstatt helfen, heißt deshalb oft das Motto von Beratern.
Doch wie ist deren Geschäftsmodell? Wo liegen die systembedingten Fehler? Was sollte sich ändern?
Mehr dazu in Part 2 des Artikels hier.